Tabula Peutingeriana
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Alltag in Novaesium
von Michael Gechter
I. Landwirtschaft - Nahrungsmittel V. Bekleidung
II. Eßgewohnheiten VI. Tracht und Sozialstruktur
III. Wohnungen VII. Literatur und Verweise
IV. Handwerk und Alltag    

Eßgewohnheiten


Die oben nachgewiesenen Nahrungsmittel sind die einzigen Hinweise auf die Eßgewohnheiten, die es in römischer Zeit in Niedergermanien gab. Zusätzlich kennen wir noch ein Kochbuch aus der Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, das in den späteren Jahrhunderten mehrfach überarbeitet wurde. Die angeführten Rezepte stammen zum größten Teil aus der Küche der Oberschicht. Es finden sich aber auch genügend Rezepte aus der Volksküche. Insofern läßt sich doch einiges über die Eßgewohnheiten der römischen Provinzialbevölkerung in Niedergermanien sagen.

Wir können davon ausgehen, daß die Oberschicht, und hier besonders die hohen italischen Truppenkommandeure, so aß, wie sie es aus Italien gewohnt war. Hierauf deuten die importierten griechischen und italischen Weine, der Reis aus Indien sowie die Weintrauben und Olivenkerne hin. Diese hochwertigen Speisen und Getränke, die sich zusätzlich durch den langen Transportweg noch verteuerten, konnten wahrscheinlich nur von der Oberschicht bezahlt werden.

Die mediterrane Küche war sehr verfeinert und pflegte einen, den heutigen Eßgewohnheiten entgegengesetzten Geschmack. Es war nur wichtig, eine bestimmte Geschmacksrichtung, die für eine Speise charakteristisch war, zu erlangen. Hierfür war allerdings auch jedes Mittel recht. So konnte frischer Fisch so zubereitet werden, daß er wie Stockfisch schmeckte. Daß dies allerdings auch nur wirklich guten Köchen gelang, ist selbstverständlich; insofern sind solche Köche sicher nur im Stab von hohen Offizieren und Beamten vorstellbar. Als Beispiel für ein Menü der Oberschicht sei hier das Gastmahl des Trimalchio erwähnt, von dem Petronius in seinem Roman Satyrikon aus der Mitte des l. Jahrhunderts n.Chr. berichtet. Als Vorspeisen gab es zweierlei Olivensorten, Haselmäuse mit Honig und Mohn gewürzt, heiße Würstchen und Pflaumen aus Damaskus mit Granatapfelfüllung. Die Gänge des Hauptgerichtes bestanden aus Grasmücken in Pfaueneiern, afrikanischen Feigen, Hammelnieren, Ochsenvierteln, Gebärmuttern junger Säue, Langusten, Masthühnchen, Schweineeutern, Hasen und Fischen. Anschließend wurden drei Braten gereicht: Eine mit Krammetvögeln gespickte Sau, umgeben von Frischlingen, ein fettes Ferkel, aus dem ein Berg Rotwürste quoll, und ein gebratenes Kalb. Zum Nachtisch wurden allerlei Sorten Gebäck, Obst und Weintrauben gereicht. Mit Hilfe der Gewürze verstanden es die antiken Köche, aus einer Grundsubstanz die unterschiedlichsten Gerichte zu kochen. So konnte zum Beispiel Kürbis als Vorspeise, Hauptgericht und als Nachspeise gereicht werden, ohne daß man sofort erkannte, daß Kürbis der Hauptbestandteil dieser Speisen war. Diese Art Küche wird in römischer Zeit am Niederrhein den meisten Provinzialen nur vom Hörensagen bekannt gewesen sein.

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Die einheimische Bevölkerung und auch die Bewohner der Lagervorstädte aßen viel einfacher. Ihre Mahlzeiten bestanden meistens aus Brei bzw. aus Eintopfgerichten, nebst einigen Gemüsen, Käse und Obst.

Das Gemüse setzte sich aus den einheimischen Sorten wie Erbsen, Feldbohnen, Linsen, Runkelrüben, Lauch und Zwiebeln zusammen. Es wurde gekocht und meist nur kurz angemacht. Der Brei (puls) wurde ursprünglich aus Spelt (Dinkel, Emmer), später aber auch aus anderen Getreidearten gekocht. Aus Griechenland stammt die Polenta, die aus Gerstenmehl hergestellt wurde. Als Nachtisch gab es dann vereinzelt einheimisches Obst.

Daneben gab es durchaus einen Mittelstand, der sich bessere Speisen leisten konnte. Hierauf weisen die vielen Nordseeaustern hin, die sich immer wieder in Lagervorstädten und auch in den Lagern selbst finden. Die Hauptmahlzeit dieser Leute umfaßte schon drei Gänge. Gegessen wurde mit Messer, Löffel und Händen. Dementsprechend mußten von der Bedienung Handwaschschalen gereicht werden. Als Vorspeisen wurden weichgekochte Eier mit unterschiedlichen Soßen, Salate und pikant angemachte Gemüse serviert. Da das Auge damals auch schon mitaß, wurde zum Beispiel Grünkohl in Salpeter gekocht, so daß er eine hellgrüne Farbe erhielt. Auch in Salz, Essig und Senf eingemachte Rübchen und Kohlrübchen wurden künstlich bunt gefärbt. Andere Gemüse waren Spargel, gebeizte Kürbisse, Melonen, Oliven, Malven, Porree und verschiedene Pilzsorten, die meist in Öl und Wein gekocht wurden. Dazu wurden Schalen- und Krustentiere sowie kleine Fische und Vierbeiner, z.B. Haselmäuse gereicht. Als Hauptgericht konnte alles zubereitet werden, wie zum Beispiel Lamm, Hammel, Schwein, Rind, Kalb, Huhn und Fisch. Das wichtigste hierbei waren wiederum die Gewürze wie Dill, Anis, Minze, Fenchel, Koriander und Origanum sowie Petersilie, Majoran und Thymian. Als Nachtisch wurde Gebäck sowie frische und eingemachte Früchte gegessen.

Römische Küche
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Die Römer kochten auf offenen Herden, das heißt, der Herd bestand aus einer aus Ziegeln errichteten Plattform. Auf dieser Plattform wurde Holz bzw. Holzkohle aufgeschichtet. In der Glut standen dann die Kochtöpfe auf Eisenrosten. In den meisten Küchen hatte man einen separaten Backofen. Es gab auch eine einfachere Methode des Brotbackens. Hierbei wurde der Brotteig auf große Backplatten gestrichen, die man zugedeckt in die Glut stellte und so eine Art Fladenbrot buk. Dies wurde besonders im l. Jahrhundert n.Chr. angewandt. Neben dem Verzehr von Frischspeisen gab es auch gewisse Konservierungsmöglichkeiten, um für die Winterperiode Gemüse und Fleisch haltbar zu machen. Fleisch, Speck und in geringerem Maße Fisch, konnten geräuchert werden. Zum anderen wurde durch Einlegen in Honig und Öl Fleisch und andere Nahrungsmittel über längere Zeit konserviert. Auch das Trocknen von Obst und Gemüse (Feldbohne, Erbse und Linse) war bekannt.

Kelch des Perennius
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Die Unterschiede der einzelnen sozialen Schichten werden nicht nur bei den Eßgewohnheiten deutlich, sondern auch in der Verwendung schichtspezifischer Geschirrsorten. Während in den höheren Schichten stark differenziertes Geschirr vorherrschte, d.h. Tafel-, normales und Küchengeschirr, wird bei der einfachen Bevölkerung meist nur eine Geschirrsorte benutzt worden sein. In Tellern und Töpfen wurde zum einen gekocht und zum anderen daraus gegessen. Neben Keramikformen müssen wir besonders für die ärmeren Schichten verstärkt Gefäße aus Holz (Schüssel und Teller) annehmen. Diese können archäologisch aber kaum nachgewiesen werden. Jemand, der in Neuss Geld hatte, konnte sich durchaus den Luxus erlauben, aus Italien oder Südfrankreich importiertes Tafelgeschirr zu bezahlen. Es gab natürlich viele Bestrebungen, diese feine Importkeramik am Niederrhein zu imitieren. Solche Nachahmungen wurden dann nur von den sozial schwächeren Schichten gekauft, die sich das teure Importgeschirr nicht leisten konnten.

Glasgefäße aus Neuss
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Es ist interessant zu sehen, wie das Luxusgeschirr, die sogenannte Terra Sigillata, die Anfang des l. Jahrhunderts n.Chr. nur von gut bezahlten Offizieren gekauft werden konnte, im Laufe der Zeit so an Ansehen verlor, daß es ab dem 2. Jahrhundert als ganz normales Tafelgeschirr in Gebrauch war. Im 3. und 4. Jahrhundert war die Terra Sigillata in der Qualität so schlecht geworden, daß sie fast nur noch von den untersten sozialen Schichten benutzt wurde. Bei der reicheren Bevölkerung traten an diese Stelle Glas- und Silbergefäße. Wir können also feststellen, daß sich in dem Maße, wie eine Geschirrsorte zu einem Massenprodukt wurde, die Käuferschichten veränderten.

Verweis Römisches Glas (engl.)
Verweis Römische Keramik (engl.)
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