Tabula Peutingeriana
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Wasserversorgung
 

Die Versorgung der Legionen wie auch der Zivilbevölkerung mit Wasser war lebensnotwendig. Da die Römer in der Regel sehr genaue und vorausschauende Planer waren, wurde bei der Auswahl von Lager- und Siedlungsplätzen schon im Vorfeld darauf geachtet, daß die Versorgung von Mensch und Tier mit gutem Trink- und Nutzwasser gewährleistet war. Der tägliche Wasserbedarf eines Soldaten wird - je nach Belastung - auf 2,5 bis 4,5 Liter geschätzt, bei einem Pferd oder anderen Lasttier wird er mindestens zehnmal so hoch gelegen haben. Damit käme man bei einer idealen Truppenstärke von 6000 Mann und 1200 Pferden (Troß und Heer) auf bis zu 80 cbm Wasser am Tag. Das meiste Wasser verbrauchten allerdings nicht die Soldaten und Tiere unmittelbar, sondern die Thermen und Werksbetriebe (fabricae). So wird der tägliche Verbrauch einer Lagertherme auf etwa 300 cbm geschätzt.[ 1 ]

Modell eines Schöpfrades
[Voll-Ansicht]
Grundsätzlich kommen drei Möglichkeiten der Versorgung in Frage: 1) durch Regenwasser, das in Zisternen oder von den Dächern der Lagerinnenbauten gesammelt wird, 2) durch Grundwaser, also über Brunnen, und 3) durch externe Quellen mittels Leitungen (Aquädukten). Wasserleitungen sind für mehrere Siedlungen und Lager in Deutschland archäologisch nachgewiesen, so etwa für die Coloniae von Xanten und Köln als auch für die Legionslager von Bonn und Mainz. Demnach wäre auch für das Neusser Lager eine entsprechende Anlage zu vermuten. Allerdings haben die Grabungen davon bislang kaum Reste zu Tage gefördert. Von aus Stein errichteten Aquädukten fehlt jede Spur. Im Bereich des Berghäuchens Weg konnten jedoch auf einer Strecke von 370 m Pfostenlöcher eines Holzaquädukts nachgewiesen werden, der in Südwestrichtung einer römischen Straße verlief und offenbar über eine Schöpfeinrichtung (rota aquaria, s. Abb.) mit Wasser aus dem Rhein gespeist wurde. "Eine nördlich der Alpen einzigartige Form der Wasserversorgung". [ 2 ]

Daneben gab es in Novaesium auch die anderen, bereits genannten, Möglichkeiten der Versorgung, v.a. mit Trinkwasser. Der Niederhein ist ein niederschlagsreiches Gebiet, und die Neusser Militäranlagen befanden sich im Bereich einer ausgedehnten Sumpfzone mit einem relativ niedrigen Grundwasserspiegel; nahezu ideale Voraussetzungen für die Anlage von Brunnen und Zisternen. Dennoch wurden in Neuss bislang nur wenige römische Brunnen gefunden, was mit den Befund in anderen Legionslagern übereinstimmt, im Gegensatz übrigens zu Auxiliarlagern. Beide Möglichkeiten - Regen- und Grundwasser - werden aber dennoch eine wichtige Rolle bei der Wasserversorgung gespielt haben, vor allem in Notzeiten, z.B. bei Belagerungen. Den gesamten Bedarf an Wasser, v.a. der Thermen und Gewerbebetriebe, konnten sie aber kaum abgedecken. Auch die Zivilsiedlungen sowie das Umland mit seinen seinen dutzenden villae rusticae, die zum Teil ebenfalls über Badeanlagen verfügten, brauchten Wasser in großen Mengen. Es ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Existenz von Wasserleitungen auszugehen, die durch noch nicht lokalisierte Quellen gespeist wurden. Eine Zeit lang wurde vermutet, daß Novaesium über die nach Köln führende Eifelleitung mit Quellwasser versorgt wurde. Das ist aber aus verschieden Gründen auszuschließen: Zum einen datiert die erste Bauphase der Eifelleitung gegen Ende des 1. Jhs., also in eine Zeit, als das Neusser Legionslager schon über eine Generation existierte oder vielleicht sogar schon aufgegeben war. Zweitens wäre der materielle und personelle Aufwand für die Verlegung einer Leitung von Köln nach Neuss zu aufwendig für ein Militärlager gewesen, dessen Exstenz zeitlich befristet war. Das Wasser mußte also von woanders herkommen. Das Problem ist nur, daß Neuss kein bergiges Hinterland mit Quellen besitzt, wie es bei Köln und Bonn der Fall ist. Daß es Quellen im Umland dennoch gegeben hat, belegen die Ergebnisse der seit 1988 laufenden Grabungen im Elsbachtal im Vorfeld des Tagebaus Garzweiler-Nord, südwestlich von Grevenbroich.[ 3 ] Dort wurden mehrere römerzeitliche Quelleinfassungen und auch zwei Wasserleitungen gefunden. Letztere werden jedoch erst gegen Ende des 2. und Anfang des 3. Jhs. datiert und haben wahrscheinlich eine bis heute nicht lokalisierte, nahegelegene Siedlung versorgt. Es bleibt also abzuwarten, ob zukünftige Grabungen nähere Hinweise auf die Wasserversorgung der römischen Militäranlagen und Zivilsiedlungen erbringen.

Weitere Informationen im Internet:
Wasserschöpfräder in Flüssen (Limes Museum Aalen)

Literatur:

  • J. Obmann in: Th. Fischer (Hrsg.), Die römischen Provinzen. Eine Einführung in ihre Archäologie (Stuttgart 2001) 91-93. 339 (Lit.)
  • K. Grewe, Römische Wasserleitungen nördlich der Alpen, in: Frontinus-Gesellschaft (Hrsg.), Die Wasserversorgung antiker Städte, Geschichte der Wasserversorgung 3 (Mainz 1988) 45-97 bes. 47-60 (Lager und Kastelle) und 47 f. (Neuss)
  • A. Johnson, Römische Kastelle des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. in Britannien und in den germanischen Provinzen des Römerreiches, Kulturgeschichte der Antiken Welt 37 (Mainz 1987; dt. Übers. der engl. Originalausg. von 1983) 223-231
  • M. Junkelmann, Panis militaris. Die Ernährung des römischen Soldaten oder der Grundstoff der Macht, Kulturgeschichte der antiken Welt 75 (Mainz 1997) 172-176
  • H. v. Petrikovits, Die Innenbauten römischer Legionslager während der Prinzipatszeit, Abhandlungen der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften Bd. 56 (Opladen 1975) 105 f.
  • H. Schneider, Einführung in die antike Technikgeschichte (Darmstadt 1992) 183-185. 187-193
  • E. Shirley, Building a roman legionary fortress (Stroud 2001) 87-90
  • K.-W. Weeber, Alltag im Alten Rom: Das Leben in der Stadt. Ein Lexikon, 6. verb. Aufl. (Düsseldorf 2001) 394-397 s.v. Wasserversorgung


[ 1 ] Zum Wasserverbrauch s. Petrikovits a.O. 105; Junkelmann a.O. 172 und Shirley a.O. 89.
[ 2 ] G. Müller in: H. Chantraine u.a., Das römische Neuss (Stuttgart 1984) 83; K. Grewe, Römische Wasserleitungen nördlich der Alpen, in: Frontinus-Gesellschaft (Hrsg.), Die Wasserversorgung antiker Städte, Geschichte der Wasserversorgung 3 (Mainz 1988) 48.
[ 3 ] S. W.-D. Becker, Das Elsbachtal: die Geschichte eines Tales vom Endneolithikum bis ins Hochmittelalter (2000); K. Arora, Das Elsbachtal: Profilgrabung und römische Wasserleitung, Archäologie im Rheinland 1996 (1997) 53-55; ders., Erstmalig römische Brunnen mit Baumstammfassung entdeckt, Archäologie im Rheinland 1996 (1997) 57-58; ders., Römische Wasserleitung und Gräber im Elsbachtal, Archäologie im Rheinland 1995 (1996) 74-71; ders., Feuchtbodenuntersuchungen im Elsbachtal, in: Fund und Deutung. Neuere archäologische Forschungen im Kreis Neuss, Veröffentlichungen des Kreisheimatbundes Neuss e.V.; 5 (Neuss 1994) 151-156.
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