In der Forschung wird das von dem römischen Historiker Tacitus in seinen Annalen (I 31) nicht namentlich genannte Sommerlager in finibus Ubiorum (im Gebiet der Ubier) allgemein mit dem Lager C von Neuss identifiziert. Danach nahm hier zur Zeit von Augustus' Tod, also im Sommer 14 n. Chr., eine Meuterei der niedergermanischen Legionen ihren Anfang, die einen höheren Sold sowie generell deutliche Verbesserung des Militärdienstes forderten. Gegebenenfalls wären die Truppen auch bereit gewesen, so Tacitus, dem Caesar Germanicus zur Kaiserwürde zu verhelfen. Germanicus selbst allerdings hatte wenig Ambitionen in dieser Richtung, und es gelang ihm, die Meuterer zum Einhalten zu bewegen, indem er u.a. ihren Forderungen entgegenkam.
In den ersten Büchern seines zweiten großen Geschichtswerkes, den sog. Historiae, berichtet Tacitus von den Bürgerkriegen, die das Römische Reich nach dem Tode Neros, des letzten Mitglieds des iulisch-claudischen Geschlechts, erschütterten und im Jahre 69 zum sog. Vierkaiserjahr führten. Im Zusammenhang mit diesen Nachfolgekämpfen kam es in demselben Jahr im Nordosten Galliens zum Aufstand der Bataver unter Führung batavischer Adeliger und des römischen Offiziers Iulius Civilis. Tacitus schreibt in seinem 4. und 5. Buch ausführlich über diese Rebellion. Und hier ist es auch, wo Novaesium das erste Mal, namentlich genannt, die Bühne der Geschichte betritt, wenn auch wenig rühmlich. Theodor Mommsen hat die damaligen Geschehnisse im Neusser Lager wortstark als
"Doppelschmach von Novaesium" bezeichnet.
Biographie
Tacitus, Publius Cornelius (geb. um 55, gest. ca. 115), römischer Geschichtsschreiber, wahrscheinlich in Norditalien (Gallia Cisalpina) oder Südfrankreich (Gallia Nabonensis) geboren.
Das wenige, was man über Tacitus' Leben weiß, stammt entweder aus seinen eigenen Werken oder aus Briefen des römischen Staatsmannes und Redners Plinius des Jüngeren, mit dem Tacitus eng befreundet war. Er bekleidete im Jahre 79 vermutlich das Amt des Quästors, war 88 Prätor und 97 Konsul; um 112/13 war er vermutlich Prokonsul der Provinz Asia. Erst in den letzten Jahrzehnten seines Lebens konnte er sich seiner historisch-literarischen Arbeit, von der weniger als die Hälfte erhalten ist, widmen. Tacitus begann mit der Veröffentlichung seiner Werke erst nach der Gewaltherrschaft Domitians.
Nach dem Regierungsantritt Trajans veröffentlichte Tacitus wohl noch im Jahr 98 seinen literarischen Erstling De Vita Iulii Agricolae (Über das Leben des Agricola), eine Biographie über seinen Schwiegervater, den römischen Staatsmann und General Gnaeus Julius Agricola. Das zweite der so genannten kleinen Werke des Tacitus trägt den Titel De origine et situ Germanorum, kurz Germania (um 98), eine geographisch-ethnographische Schrift über Germanien. Der Dialogus de Oratoribus (Dialog über die Redner), der wahrscheinlich um 102 entstanden ist, ist nicht zweifelsfrei als Werk von Tacitus überliefert, wenngleich er üblicherweise als eines seiner Werke geführt wird. Historiae (Geschichtsbücher), das erste von Tacitus' beiden Hauptwerken, wurde wahrscheinlich zwischen 104 und 109 veröffentlicht. Es beinhaltet die Geschichte des Römischen Reiches von 69 v.Chr. bis zur Ermordung des Kaisers Domitian im Jahre 96 n.Chr. Vom ursprünglichen Werk, das wahrscheinlich aus 14 Büchern bestand, sind nur die ersten vier und Teile des fünften erhalten. Die Annales (um 115 bis 117, Annalen), die ursprünglich wohl den Titel Ab Excessu Divi Augusti (Vom Tode des göttlichen Augustus an) trugen, beschreiben die Geschichte der Julischen Kaiser nach Augustus bis zum Tod Domitians, also den Zeitraum von 14 bis 68 n. Chr. Ursprünglich umfasste dieses Werk 16 Bücher, davon sind aber, neben einigen Fragmenten, nur neun Bücher vollständig erhalten.
Tacitus' große Bedeutung als Geschichtsschreiber liegt in seinem psychologischen Blick in das Innere der Figuren und in seiner brillanten Schilderung der Charaktere. Sein Stil zeichnet sich durch eine einzigartige Kombination von Knappheit und farbenfrohem Ausdruck aus. Tacitus war ein glühender Verfechter der Ideale der römischen Republik und kritisierte den politischen und moralischen Verfall in der Kaiserzeit. In diesem Zusammenhang sind die kritischen Porträts zahlreicher römischer Kaiser (besonders Domitian) zu sehen.
(Quelle: Tacitus, Publius Cornelius (Microsoft Encarta Enzyklopädie)
Literatur:
- M. Fuhrmann in: K. Ziegler - W. Sontheimer - H. Gärtner (Hrsg.), Der kleine Pauly. Lexikon der Antike 5 (1979) 486-493 s.v. Tacitus.
- F. Römer, Tacitus, in: O. Schütze (Hrsg.), Metzler-Lexikon antiker Autoren (Stuttgart 1997) 682-688.
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