Tabula Peutingeriana
Impressum   Inhalt   Startseite 
 
  Alltag und Kult
  - Alltag
  - Wasser
  - Ernährung
  - Münzen
  - Heilkunde
  - Kulte
- Gräber

  Vorwort
  Landschaft
  Forschung
  Geschichte
  Militär

  Schriftquellen
  Novaesium

  Literatur
  Verweise
  Glossar
  News

  Weblog
  Gästebuch
  Kontakt
 
 
Bestattung und Totenkult im römischen Neuss
von Heinz Günter Horn
I. Totenkult IV. Bestattungsriten
II. Bestattungsplätze V. Grabmäler
III. Gräberfelder in Neuss VI. Literatur

Grabbauten, Grabaufsätze und Totenmahlreliefs


Die Bestattungen waren oft überirdisch durch Grabsteine, Grabaltäre oder gar Grabpfeiler und Grabtempel gekennzeichnet; für Neuss sind durch entsprechende Architekturreste monumentale Grabbauten bezeugt. Man kann allerdings vermuten, daß weite Bevölkerungskreise aus Kostengründen mit einer einfachen, hölzernen Markierung ihrer Grabstellen zufrieden sein mußten. Diese "Grabkreuze" sind heute archäologisch nicht mehr nachzuweisen.

Grabstein des Oclatius
Grabstein
des Oclatius


Grabstein des T. Iulius Pancuius
Grabstein
des Pancuius
Vor allem die Grabbauten ließen der Phantasie und dem Repräsentationsbedürfnis der Verstorbenen und ihrer Familien weiten Raum; dies trifft in einem gewissen Rahmen auch für die Grabsteine zu. Ein Beispiel hierfür ist der Neusser Grabstein des Tungrers Oclatius, Sohn des Caivus, der vermutlich in den siebziger Jahren des 1. Jahrhunderts n.Chr. Feldzeichenträger der Ala Afrorum, einer Reitereinheit, war. Auch Tiberius lulius Pancuius, der in der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts in einer Infanterieeinheit diente und in Neuss starb, ist auf seinem Grabstein als stolzer Feldzeichenträger dargestellt.

Die Symbolik spielte in der römischen Sepulkralkunst eine große Rolle; Lebenserfahrungen und Jenseitshoffnungen wurden - wenn auch bisweilen stereotyp - mehr oder weniger deutlich ins Bild gesetzt. Besonders beliebt waren in diesem Zusammenhang Darstellungen aus der heiteren und glückseligen Welt des Weingottes Bacchus; Familien-, Küchen-, Handels- und Arbeitsszenen kamen im römischen Rheinland erst im 2. Jahrhundert n.Chr. auf. Immer wieder drückte sich die Todesfurcht des Römers aus. Der Tod als reißender Löwe, der Eber, Widder und Stier (Symbole des Lebens) schlägt, war eine weit verbreitete Vorstellung; der entsprechende Bildtypus ist auch aus Neuss bekannt. Grabaufsätze in Form drohender Sphingen (Mischwesen halb Mensch halb Tier) sollten sowohl Grabräuber abschrecken als auch die rächenden Totengeister fernhalten und damit die Lebenden schützen.

An den Geburts- und Sterbetagen der Toten, vor allem aber auch am staatlichen "Allerseelenfest" (parentalia), das in der Zeit vom 13. bis 21. Februar eines jeden Jahres gefeiert wurde, fanden sich die Lebenden im Familienkreis an den Gräbern ihrer Verstorbenen zum Totenmahl ein. Sie glaubten, daß auch die Toten daran teilnehmen würden. Deshalb hatte man ihnen ja auch das erforderliche Geschirr mit ins Grab gegeben. Die zahlreichen Totenmahlreliefs im Rheinland, die den Toten beim Mahle auf einer Kline ruhend oder im Kreise seiner Familie an einem Tische sitzend zeigen, sind Festschreibungen dieses Totenrituals in Stein, das die Lebenden den Verstorbenen schuldeten, wenn sie sich nicht der Rache der unerbittlichen Totengeister, der Manen, aussetzen wollten. Dies war auch der Grund, warum in jeder römischen Familie die Geister der Vorfahren im "Herrgottswinkel" (lararium) des Hauses besonders verehrt wurden und allmorgendlich ein Opfer erhielten.

Quelle: Heinz Günter Horn, Bestattung und Totenkult im römischen Neuss, in: Novaesium - Neuss zur Römerzeit, Schriftenreihe der Volkshochschule Neuss, Heft 4 (Neuss 1989) 121-137.

Grabinschriften aus Neuss
Seitenanfang