Tabula Peutingeriana
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Römisches Militär am Niederrhein
von Michael Gechter
I. Das kaiserzeitliche Heer V. Logistik
II. Das spätantike Heer VI. Bauten des Heeres
III. Bewaffnung und Ausrüstung VII. Sozialstruktur des Heeres
IV. Sold und Auszeichnungen VIII. Literatur und Verweise

Logistik


Unter militärischer Logistik wird die Produktion, Beschaffung, Verwaltung und Verteilung von Ausrüstungs- und Versorgungsgütern aller Art für die Armee verstanden. Im großen und ganzen produzierte die römische Armee die von ihr benutzten Güter selbst. Diese Selbstversorgung war allerdings am wenigsten im Bereich der Verpflegung möglich.

Zum Teil verfügten die Truppen über eigenes militärisches Nutzland, auf dem sowohl Ackerbau als auch Viehzucht getrieben wurde. Aber die Masse der benötigten Nahrungsmittel mußte angekauft werden. Zum Teil wurde die Versorgung auch durch staatlich angeordnete Naturallieferungen bzw. Naturalabgaben der Provinzbevölkerung gesichert. Das militärische Nutzland erstreckte sich beidseitig des Rheines. Auf der linken Rheinseite wurde es als Ackerfläche, rechts als Viehweide genutzt. Aus Niedergermanien kennen wir hierfür einen Hinweis des Historikers Tacitus, und seit kurzem besitzen wir einen Gedenkstein, der von einem Bonner Centurio an der Sieg gesetzt wurde. Auf diesem Stein wird der Erneuerung des Weidelandes (prata legionis) gedacht. Hierunter sind wahrscheinlich Einrichtungen von Viehweiden, Zaunerneuerungen etc. zu verstehen.

Die Nahrungsmittel, die die Soldaten benötigten, waren Getreide, Fleisch, Käse und Gemüse, dazu Salz und Olivenöl. Als Getränk gab es einen zweitgekelterten Wein (lora oder posca), der sehr sauer war. Getreide, Gemüse, Fleisch und Käse konnten die Soldaten auf dem militärischen Nutzland selbst erzeugen. Salz, Olivenöl und Wein wurde von weither importiert.

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In jedem Militärlager gab es große Speicher und andere Wirtschaftsgebäude, in denen Lebensmittelvorräte für die gesamte Truppe für mindestens ein Jahr lagerten. Eine Legion benötigte ca. 1500 Tonnen Getreide im Jahr zur Versorgung der Mannschaften, eine Kohorte ca. 125 Tonnen und eine Ala ca. 250 Tonnen. Daneben unterhielt die Armee in den Lagern bzw. außerhalb derselben eine ganze Reihe von eigenen Werkstätten, in denen die für die Truppen notwendigen Gebrauchsgegenstände hergestellt bzw. repariert werden konnten. So sind unter anderem Glasbläsereien, Buntmetallwerkstätten, Schmieden und Ziegeleien feststellbar. Gleichzeitig wurden die Soldaten auch zu Steinbrucharbeiten und zum Kalkbrennen herangezogen. Wir können auch Werkstätten nachweisen, in denen die ledernen Ausrüstungsgegenstände wie Zelte, Sättel, Zuggeschirre, Schildbeschläge und Bezüge hergestellt bzw. repariert wurden. Das Leder kam meist von privaten Gerbereien, die Militärhandwerker verarbeiteten es dann weiter. Sie fertigten natürlich auch die Schuhe, die die Soldaten trugen.

Ein Teil der Betriebe befand sich innerhalb der Lager, der größte Teil jedoch außerhalb, besonders die feuergefährlichen Betriebe wie Töpfereien und Ziegeleien. Auf diesem militärischen Nutzland lagen dann auch Siedlungen, die sich teilweise zu regelrechten Lagervorstädten entwickelten. Für die Siedlungen, die bei Legionslagern entstanden, bürgerte sich der Begriff canabae legionis (Barackensiedlung der Legion) ein.
Die Siedlungen, die bei Hilfstruppenlagern entstanden, wurden einfach Siedlung der betreffenden Einheit (vicus) genannt.

Grundvoraussetzung für eine geregelte Versorgung des Heeres in Niedergermanien war eine gut funktionierende Infrastruktur der Provinz.
Das Grundproblem für die Römer war, daß durch die Anwesenheit der Armee und das Entstehen von Städten auf einmal von der einheimischen Landwirtschaft 50000-75000 Menschen, die nicht in der Nahrungsmittelproduktion beschäftigt waren, miternährt werden mußten. Dies konnte nur erreicht werden, daß mehr Ackerfläche bebaut, die Anbaumethoden verbessert, höherwertiges Saatgut und bessere Fleischtierrassen, hier besonders Rinder, eingeführt wurden. Hand m Hand damit ging der Ausbau des Straßensystems. Hierdurch sollte gewährleistet werden, daß nicht nur innerhalb der Provinz die Nahrungsmittel schnell vom Produzenten zum Verbraucher gelangten, sondern auch aus den benachbarten Provinzen Galliens. Es ist ein großes Verdienst der römischen Armee gewesen, innerhalb von einigen Jahrzehnten das Land am Niederrhein so weit zu entwickeln, daß Mitte der achtziger Jahre die Truppe aus dem Land selbst heraus ernährt werden konnte. Dies war dann auch der Zeitpunkt, an dem der niedergermanische Heeresbezirk zu einer eigenen Provinz des Römischen Reiches umgewandelt wurde.

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