NGZ-Online, 23. Februar 2001

Wasserqualität wie zu Zeiten der Römer

2.000 Jahre Trinkwasserversorgung

M.H-L

Der Kaarster Rainer Kryschi, selbstständiger Chemiker und Ingenieur in Sachen Wasserhygiene, blickt seit Jahren über den Rand seiner (nicht vorhandenen) Brille, sammelt alles über "2.000 Jahre Trinkwasserversorgung". Und was er da in einem dicken Ordner mit Fotografien alter Aquädukte, Zisternen und Brunnen, Zeichnungen und Trinkwasserverordnungen von anno dazumal bis heute zusammen getragen hat, ist nicht nur für die Mitglieder des Geschichtsvereins spannend, vor denen er jetzt referierte.

Kryschi berichtete über das antike Rom, in dem damals rund eine Million Menschen lebten und die bereits 600 Liter Wasser pro Person und Tag verbrauchten. Das kühle Nass wurde durch elf Aquädukte in die Stadt geleitet. "Aber auch unsere Region", so weiß der Fachmann, "blickt auf eine lange Tradition in Sachen Wasserversorgung zurück." Bereits 200 nach Christus gab es ein 90 Kilometer langes Bauwerk, das Wasser aus der Eifel hierher brachte - Rheinwasser, so Rainer Kryschi, lehnten die Leute in der Region ab. Und zwar nicht, weil es schlecht gewesen wäre, sondern schon damals hätten "gewisse Berührungsängste" mit den Kölnern dazu geführt, lieber eigenes Wasser zu trinken.

Der Referent zeigte vor dem Geschichtsverein Fotos der interessanten "Pipeline", die sogar über Einstiegsluken verfügte, mit deren Hilfe Experten damals die Qualität der "Ware" überprüften. Doch irgendwann im Mittelalter ist dieses Wissen verloren gegangen. Man konnte mit den prächtigen Bauwerken aus der Römerzeit nicht mehr viel anfangen, plünderte sie, um Steine für Kirchen und Klöster zu verbauen, brachen clevere Kaufleute den über die Jahrhunderte entstandenen Kesselkalk heraus, um den so entstandenen Sinterkalk, eine Art Marmor, meistbietend nach Estland und Südschweden zu verhökern.

Das lebenswichtige Trinkwasser war plötzlich nicht mehr schützenswert, sondern wurde aus Brunnen genommen, das entweder gleich neben den Ställen oder auf dem Dorfplatz standen. Mensch und Tier tranken aus derselben Quelle, Abwasser verseuchte den Boden und damit das Grundwasser. Marodierende Truppen hatten alle Möglichkeiten, die Brunnen zu vergiften. Kurzum, kaum jemand machte sich Gedanken darüber, was diese Sorglosigkeit zur Folge haben könnte - bis schließlich Tausende von Menschen an Typhus oder anderen Infektionen starben.

Erst in den Jahren ab 1910 wurden diese alten Brunnen demontiert, um die Menschen an die öffentliche Wasserversorgung anzuschließen. Seit dem Jahr 1925 gibt es den Anschlusszwang an die Öffentliche Wasserversorgung. In rasantem Tempo führte Rainer Kryschi seine Zuschauer und Zuhörer bis in die Neuzeit, als 1975 in Deutschland die erste Trinkwasserverordnung in Kraft trat.

Seit Beginn des neuen Jahrtausends gibt es das Infektionsschutzgesetz und im kommenden Jahr wird die mittlerweile vierte Trinkwasserverordnung wirksam: Danach muss alles Wasser, das zum Trinken, Kochen, Waschen von Lebensmitteln und für die körperliche Hygiene gebraucht wird, die Trinkwasserqualität haben, die schon die alten Römer vor 2.000 Jahren hatten.

Weitere Informationen:
Wasserversorgung von Novaesium

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