NGZ Online, 16. Juli 2010
Historische Funde in Kaarst
Susanne Niemöhlmann
Die römische Straße von Neuss ins Maas-Gebiet verlief durch Kaarst. Archäologen sind an der A 57 auf Reste einer imposanten römischen Anlage sowie weitere Zeugnisse metallzeitlichen und steinzeitlichen Lebens gestoßen.
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Thomas Vogt hält alle Funde schriftlich fest. (NGZ-Fotos: Lothar Berns) |
Wer mag den Sesterz aus der Regierungszeit des römischen Kaisers Tiberius (14-37 n. Chr.) in Kaarst verloren haben? Und wie? Rutschte er durch ein Loch im ledernen Geldsack eines Legionärs? Fiel das Geldstück bei einer Rauferei zu Boden? Für den Laien gibt es Anlass zu Fantasien – den Archäologen, die die Münze nach fast 2000 Jahren wieder ans Tageslicht geholt haben, gibt sie jede Menge wertvolle Informationen.
Direkt an der A 57, an der Ausfahrt Holzbüttgen, haben Archäologen vor kurzem insgesamt rund zehn meist gut erhaltene Münzen in der Trasse einer römischen Straße sowie in Brand- und Urnengräbern einer am Rand dieser Straße gelegenen römischen Siedlung gefunden. Eigentümerin des Grund und Bodens ist der Landesbetrieb "Straßen.NRW", der vor der geplanten Fahrbahn-Erweiterung der A 57 erst den Wissenschaftlern den Vortritt lassen musste.
Flugsanddüne an der Autobahn
Mehrere Wochen waren die Mitarbeiter der auf archäologische Grabungen spezialisierten Fachfirma Firma Artemus rechts und links der Autobahntrasse unterwegs. Dabei entdeckten sie neben den römischen auch Hinterlassenschaften aus älteren Epochen. Das Grabungsareal befindet sich auf einem kleinen Plateau – nicht etwa eine künstliche Aufschüttung für die Autobahnböschung, sondern eine natürliche eiszeitliche Flugsanddüne: "Für altsteinzeitliche Jäger und Sammler war der Platz oberhalb der alten Niederterrasse eine ideale Lagerstelle", sagt Rudolf Nehren die Fundsituation.
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Daniel Mayer und Johannes Englert kennzeichnen eine Fundstelle. |
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Bei diesen Stücken soll es sich um Grabbeigaben handeln. |
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Detailarbeit: Marcus Rostalski muss bei der Suche behutsam vorgehen. |
Der Archäologe hält scharfkantige Splitter von Feuerstein in der Hand, den eine nomadisierende Gruppe von Jägern vor rund 14 000 Jahren aus dem belgischen Raum dorthin gebracht und bei einer Rast bearbeitet hat. Wo in Kürze ein Regenrückhaltebecken entstehen wird, stieß Archäologe Johannes Englert auch auf Hinterlassenschaften aus der Bronze- und aus der Eisenzeit, vor allem Abfallgruben mit zerbrochener Keramik. Wenige hundert Meter weiter lag unter dem schweren Ackerboden ein kleines Gräberfeld mit mehreren eisenzeitlichen Urnen-Bestattungen samt Grabbeigaben.
Besonders zahlreich und ergiebig sind die Siedlungsspuren aus römischer Zeit: Die Fachleute datieren die Reste der römischen Straße auf das erste bis dritte nachchristliche Jahrhundert. "Das war eine imposante Anlage, die seitlich von Gräben begleitet wurde und insgesamt eine Breite von 20 Metern hatte", beschreibt Thomas Vogt vom LVR die antike Autobahn: "Sie hatte tatsächlich eine Sommer- und eine Winterfahrbahn, also eine Bahn für Reiter und eine etwas stärker befestigte Seite für schlechte Witterungsverhältnisse und die schweren Karren, deren Räderspuren noch zu erkennen sind."
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