NGZ-Online, 21. August 2006
"Reihenhäuser" im Tagebau
Anneli Goebels
Grevenbroich Platz sei für noch weitere 18 Häuser, meint Dr. Udo Geilenbrügge. Bereits seit Dezember 2003 sind der Leiter der Außenstelle Titz des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege und seine Crew dabei, die 2,5 Hektar große Fläche freizulegen. Und die Zeit drängt, denn bis September müssen die Arbeiten abgeschlossen sein. Dann werden unweigerlich die Bagger anrücken.
"Das Areal hat ein V-förmiges Profil, ist von einem zwei Meter tiefen Graben umschlossen", erklärt Geilenbrügge. An einer Stelle sei der Graben allerdings offen. Außerdem werde er unterbrochen von insgesamt vier Toren. "Wahrscheinlich", vermutet der Fachmann, "ist die Siedlung nicht vollendet worden."
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Seit fast drei Jahren beschäftigt die Mitarbeiter der Außenstelle Titz des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege eine Rarität - eine von einem Graben befestigte Anlage, die bis jetzt 40 Häuser umfasst. Foto: Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege |
Das allerdings werden weitere Grabungen ergeben, und die müssen zügig voranschreiten. Die Umrisse der 40 Häuser, die dicht an dicht stehen, erinnern den Betrachter an eine Reihenhaussiedlung. Datiert wird die Anlage auf 5300 bis 5000 vor Christus. Über 20 Meter lang sind die Häuser, sie bestehen aus fünf Pfostenreihen, die parallel angeordnet sind und offensichtlich das Dach getragen haben.
„18 weitere Häuser“, berichtet Dr. Geilenbrügge, "könnten im Laufe der kommenden Wochen noch zum Vorschein kommen." Platz sei genug da, doch es ist noch ungewiss, ob die Siedlung vollendet wurde. Dennoch betont der Jülicher, schon jetzt sei diese kompakte Anlage recht ungewöhnlich.
"Solch eine Menge an Gebäuden innerhalb eines umwallten Areals, das ist eine Rarität", so Geilenbrügge. Diese Anlagen seien vornehmlich aus Norddeutschland bekannt. Großfamilien hätten in den Gebäuden ebenso Platz gefunden wie Vieh und Vorräte.
Reste getöpferter Keramik sowie Werkzeuge aus Feuerstein, also Gebrauchsgegenstände aus dem damaligen "Haushalts-Alltag", haben die Archäologen ebenfalls gefunden. Ziel ist es natürlich, die Anlage möglichst komplett zu erfassen und dann zu rekonstruieren, um sie auch für die Nachwelt begreiflich zu machen.
Erst am vergangenen Samstag wurde die Ausgrabung beim „Tag der Archäologie“ gezeigt - nur ein Projekt, das die Zuschauer anzog. Denn die Außenstelle Titz der Bodendenkmalpflege hatte ein buntes Programm für Kinder und Erwachsene zusammengestellt. So wurde an offener Feuerstelle im Tontopf gekocht, präsentierte eine Keltische Modenschau den Chic der damaligen Zeit. Außerdem wurde in der Historischen Schmiede altes Handwerk vorgeführt und ein Töpfer bot seine Waren feil.
Vier Grabungsarbeiter, ein Zivildienstleistender, zwei Studenten sowie zwei Grabungstechniker arbeiten zurzeit an der weiteren Ausgrabung der Siedlung. Was sie zu Tage befördern werden, wird die Erkenntnisse über die Lebensbedingungen der Ackerbauern weitere Klarheit bringen. |