Presseamt der Stadt Neuss, 8. März 2005
Bei den Römern gingen die Uhren anders
Wertvolle Sonnenuhr im Clemens-Sels-Museum
Ist auch die bronzezeitliche Himmelsscheibe von Nebra - derzeit in Halle in einer Ausstellung zu sehen – inzwischen als der Ausgrabungsfund der letzten Jahre bekannt, kann das Clemens-Sels-Museum Neuss in seiner Ausstellung ein ebenso fulminantes Fundstück präsentieren: den römischen Sonnenstein von Neuss.
Einer der ältesten, bekannten Zeitmesser wurde vor einigen Jahrzehnten bei Ausgrabungen vor den Toren des römischen Legionskastells „Novaesium“ gefunden. Die praktisch vollständig erhaltene Neusser Sonnenuhr aus dem ersten Jahrhundert nach Christus ist eine echte Rarität. Weltweit gibt es nur wenige Bruchstücke vergleichbarer römischer Uhren. Steht nunmehr in Kürze wieder die beinahe europaweit eingeführte Umstellung der Uhren auf die Sommerzeit an, so lohnt sich ein Blick zurück auf das damalige ausgetüftelte Zeitmesssystem der alten Römer.
Die römische "horologia" war komplizierter aufgebaut als uns das von heutigen Sonnenuhren bekannt ist - die meist ein Ziffernblatt wie normale Zeigeruhren besitzen - und hängt mit der speziellen Zeiteinteilung der Römer zusammen: Damals stand der Schattenstab der Uhr nämlich in der Mitte einer halbkugeligen Vertiefung, in die ein Gitternetz aus gebogenen Linien geritzt war. Die horizontalen Linien zeigten dabei den jeweiligen Monat an. Der Clou: Im Winter steht die Sonne flacher als im Sommer, daher warf sie längere Schatten und erreichte die obere Linie. Die 12 vertikalen Linien auf der Sonnenuhr gaben die Stunden an: Oben, wo der lange Schatten im Winter auftraf, wiesen sie kürzere Abstände auf als im unteren Bereich, wo der kurze Sommerschatten auftraf.
Während wir heute den Tag in 24 Stunden einteilen, verwendeten Cäsar & Co. im Alltag eine am Sonnenlauf orientierte Stundenzählung. Sie gliederten die Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang in 12 Stunden (horae) - unabhängig wie lang sie war. Da die Sonne im Winter viel später auf- und viel früher untergeht als im Sommer, war die Arbeitsstunde für einen römischen Soldaten im Winter manchmal nur 45 Minuten lang - Verhältnisse, von denen heutige Arbeitnehmer nur träumen können. Im Sommer kam dafür aber die Rache des Arbeitgebers, denn dann verlängerte sich die Arbeitsstunde auf fast das Doppelte - nämlich 90 Minuten!
Unser heutiger "julianischer" Kalender (von Papst Gregor XIII. um das Schaltjahr erweitert) geht übrigens auf C. Julius Caesar zurück. Der hatte den römischen Kalender reformiert und das Jahr erstmals nach dem Sonnenumlauf in zwölf Monate mit 52 Wochen zu je sieben Tagen eingeteilt. Der Monat März trägt noch heute den Namen des römischen Kriegsgottes Mars. Und wenn die Winterzeit am 27. März endet und wir eine Stunde früher aufstehen müssen, werden wir an Mars denken und den Kampf mit dem Wecker aufnehmen. |