Novaesium, alias Neuss

NGZ-Online, 19. November 2004

Archäologen finden Kaserne

Durch neue Grabungen wurden Vermutungen bestätigt

Chris Stoffels

Bei Ausgrabungen auf dem Gelände der ehemaligen Bäckerei Wipperfürth sind Archäologen des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege auf die Grundmauern eines Kasernengebäudes gestoßen.

Grabung Dormagen
Die beiden Archäologen, hier Stefan Landow und Birte Ahrens graben insgesamt drei Monate auf dem Gelände der früheren Bäckerei und Konditorei Wipperfürth an der Kölner Straße, und fanden Reste der Castellmauer und einer Kaserne.
NGZ-Foto: H. Jazyk

Das Modell des römischen Auxiliarlagers Durnomagus im Rathaus beruht bisher auf Spekulationen. Die Archäologen und Hisatoriker nahmen zwar an, dass die Kasernen-Gebäude des Lagers in Nord-Süd-Richtung gebaut waren. Doch diese Annahme wurde erst jetzt durch neue Grabungen bestätigt. Die beiden Archäologen Thomas Becker und Christian Schwabroh legten Teile der Grundmauern eines solchen Kasernengebäudes frei. Täglich eröffnen sich den beiden Mitarbeiters des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege neue Erkenntnisse über das römische und nachrömische Dormagen. Seit der zweiten Oktoberwoche arbeitet das Duo von der Außenstelle des Amtes in Overath unter Führung des Archäologen Dr. Michael Gechter mit einigen Helfern auf dem Gelände der ehemalgen Bäckerei Wipperfürth an der Kölner Straße. Insgesamt sind drei Monate für die Grabungen angesetzt.

Durnomagus

Während der Römerzeit hatte das Auxiliarlager Durnomagus eine hohe strategische Bedeutung als Wachtposten an der Rheingrenze und an der Verbindungsstraße zwischen Köln und Neuss. Das Castell befand sich an der Kölner Straße etwa zwischen den beiden Rathäusern und südlich davon.

"Große archäologische Sensationen sind nicht zu erwarten", warnt Gechter vor übertriebenen Hoffnungen. Dennoch seien bereits jetzt einige Fundstücke zu Tage getreten, die wichtige Erkenntnisse über das römische Auxiliarlager enthalten. Becker: "Unsere Vermutungen für die Lage und Art der Kasernenbaracken, in denen die Soldaten und die Pferde untergebracht waren, wurden bestätigt. Damit sind wir für das Lager Durnomagus einen Schritt weiter." Becker muss es wissen. Der 33-jährige Student schreibt gerade seine Doktorarbeit über das römische Dormagen. "Teile der früheren Castellmauer wurden abgetragen", so eine der Erkenntnisse des Grabungs-Duo. Doch wohin wurden sie geschafft? Becker sucht nach möglichen Antworten. Eine Variante: "Mit diesen Steinen könnte die ursprüngliche Kirche St. Michael im elften oder zwölften Jahrhundert gebaut worden sein. Diese kleine Kirche war beim Bau von St. Michael im 19. Jahrhundert abgerissen worden."

An die Mauer, etwa nach einem Drittel der Grabungsfläche von der Kölner Straße aus gesehen, schließt sich ein befundfreier Bereich an - die Via sanguaris, der Weg entlang der Mauer. Dahinter die Spuren von einem Gebäude, das in Nord-Süd-Richtung stand. Pfosten und Balkengruben zeigen die Lage, Keramikfunde weisen darauf hin, dass dort gelebt wurde. Alle diese Funde deuten auf die Zeit des Auxiliar-Lagers von 90 bis 160 nach Christus. Es ist bekannt, dass die Truppen um 190 abzogen. Dann tritt Dormagen in der historischen Sicht erst wieder in einer zweiten Lagerzeit von 160 bis 280 nach Christus in Erscheinung. Auch auf diese Zeit gibt es zahlreiche Hinweise. Doch was war in der Zwischenzeit? Beckers große Hoffnung ist, dass dieser Zeitraum durch die Arbeiten auf dem Wipperfürth-Gelände erhellt wird. Seine Vermutung, und darauf gibt es speziell durch zwei Weihesteine Hinweise, dass dort ein Polizeiposten an der bedeutungsvollen Straße zwischen Köln und Neuss stationiert war. Die weiteren Grabungen werden das zeigen. Natürlich gibt es auch Zeugen anderer Zeiten dort: Eine Grube mit Schlachterabfällen erinnert daran, dass im Nebenhaus einmal eine Metzgerei war.

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