Novaesium, alias Neuss

Presseamt der Stadt Neuss, Mai 2004

Düppenbäcker in Neuss

Carl Pause und Sabine Sauer

Als im Sommer 2001 das Wohngebäude an der Michaelstraße 9 in Neuss einer Tiefgarage weichen musste und unter diesem bei den Ausgrabungen der Bodendenkmalpflege der Stadt Neuss ein Töpferofen des 18. Jh. zum Vorschein kam, war dies eine große Überraschung, war man doch bislang davon ausgegangen, dass derart feuergefährliche Gewerbe vor den Toren der Stadt angesiedelt waren. Die Idee reifte daher schnell, die außergewöhnlichen Entdeckungen in einer Ausstellung zu zeigen und auch die bislang unveröffentlichten schriftlichen Zeugnisse zum Töpfereigewerbe in Neuss auszuwerten. Allerdings gelingt es in der Archäologie nur selten, die ausgegrabenen Funde und Befunde mit historischen Personen zu verknüpfen und damit das in den archäologischen Spuren manifestierte Handeln der Vergangenheit aus seiner Anonymität zurückzuholen.

Brennofen Teller
Brennofen des Töpfers Gottfried Tieves aus dem Jahr 1786 in der Michaelstraße in Neuss bei der Ausgrabung. Bemalter Teller. Um 1800. Fund aus der Töpferwerkstatt Tieves in Neuss

Umso erfreulicher ist es daher, dass es bei den Vorbereitungen zur Ausstellung "Teller, Töpfer, Traditionen" gelungen ist, mehrere archäologische Fundstellen in der Michael- und der Neustraße in Neuss als die Werkstätten der Töpfer Tieves, Weinmeister, B. Timmer und H. Timmer zu identifizieren. Im Neusser Stadtarchiv konnten umfangreiche Schriftquellen entdeckt werden, die ein erstaunlich scharfes Bild von der Lebenswelt der Neusser Töpfer im 18. und 19. Jh. zeichnen. Sie belegen die engen verwandschaftlichen Beziehungen der Neusser Töpferfamilien untereinander, deren Gründer aus anderen niederrheinischen Töpferorten im Laufe des 18. Jh. nach Neuss gezogen waren.

Anders als es die gute Quellenlage vermuten läßt, war Neuss in der Frühen Neuzeit aber kein Töpferort von überregionaler Bedeutung. Das hier ansässige Handwerk produzierte im Gegensatz zu den exportorientierten Werkstätten in Siegburg oder Frechen vorwiegend Irdenwaregeschirr für den lokalen Gebrauch. Hieran bestand in der vorindustriellen Zeit, als es noch keine emaillierten Blechschüsseln oder für den Massengebrauch hergestelltes Porzellan gab, ein immenser Bedarf. Wirtschaftlich gesehen war das Neusser Düppenbäckerhandwerk daher relativ unbedeutend; die Töpfer gehörten zu den weniger wichtigen Zweigen des Handwerks. Die hier zusammengestellten Erkenntnisse tragen daher den Charakter einer Fallstudie, und das Schicksal der Neusser Töpfer steht stellvertretend für das der übrigen Handwerker in der Umbruchzeit zwischen Ancien Regime und der beginnenden Industrialisierung am Niederrhein.

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