NGZ-Online, 28. Januar 2004
Alles gesammelt, was alt war
Vor 150 Jahren wurde Constantin Coenen geboren
Sechs Jahre war der kleine Constantin alt, als er zusammen mit seinen Eltern und acht Geschwistern nach Neuss übersiedelte. Ein Umzug, der weitreichende Folgen hatte, denn 26 Jahre später verkündete er, bei Grabungen in Neuss-Gnadental Gräben und Straßen aus römischer Zeit entdeckt zu haben. Eine Sensation nach nur drei Tagen Versuchsgrabung, die die Stadt am Rhein schlagartig ins Licht der internationalen Archäologie rückte.
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Constantin Koenen (vorne, in der Mitte sitzend) mit Grabungsmannschaft (1891)
NGZ-Foto: Stadt Neuss |
Bis heute ist das von dem damals 32-jährigen Constantin Koenen entdeckte Kastell das einzige vollständig freigelegte römische Lager in Europa. Dass eine archäologische Entdeckung einst seinen Nachnamen tragen würde, hätte wohl auch Constantins Vater bei der Geburt des Jungen vor 150 Jahren sich kaum träumen lassen. Schließlich wohnte die aus Neuss stammende Familie damals in Bielefeld; erst eine Stelle als Hafenmeister für den Vater brachte sie zurück in die Quirinusstadt.
Statt für die Schule Algebra und Lateinbücher zu lesen, steckte der kleine Constantin seine Nase lieber in Bücher über Ausgrabungen und sammelte alles, was alt war: Fossilien, Münzen und römische Keramik. Das Gymnasium musste er prompt verlassen, kam als 15-Jähriger als Granitklopfer und Bildhauer an der Kunstakademie Düsseldorf unter.
Sechs Jahre später dann die Erfüllung seines Traums: Der Bonner Verein von Altertumsfreunden im Rheinland verschaffte Constantin Koenen eine Anstellung als Ausgräber; er siedelte nach Bonn über. Die Arbeiten am Bonner Legionslager ließen seine Gedanken jedoch immer wieder um das noch nicht lokalisierte Lager der 16. Legion in seiner Heimatstadt kreisen. Im März 1886 startete er schließlich eine Versuchsgrabung an der Kölner Straße - und wurde fündig.
Für Koenen, der als Archäologe schließlich ein Autodidakt war, auch ein großer persönlicher Erfolg. Er wurde mit der vollständigen Ausgrabung betreut, legte mit seiner Mannschaft in drei Jahren das 420 mal 570 Meter große Lager frei - zumeist im Herbst und Winter, damit die Bauern ihre Felder bewirtschaften konnten. Die Entdeckung des Castrum Novaesium war für Coenen als Archäologe und Historiker eine wichtige Etappe, bestimmte indes nicht allein sein Leben.
Er machte bei zahlreichen Ausgrabungsarbeiten in Deutschland und Spanien mit, unternahm Forschungsreisen ins europäische Ausland, veröffentlichte Aufsätze und hielt Vorträge. Nach seiner Übersiedlung von Bonn nach Neuss im Jahre 1908 bestritt er seinen Unterhalt als Privatgelehrter und arbeitete an der Inventarisierung der archäolgischen Sammlung im Clemens-Sels-Museum.
An seinem 70. Geburtstag trug ihm die Universität Bonn die Ehrendoktorwürde an; am 3. Oktober 1929 starb Koenen, der zweimal verheiratet war (eine Enkelin lebt noch in Neuss), im Alter von 75 Jahren und wurde auf dem Hauptfriedhof beerdigt. Sein Grabstein gestaltete der Neusser Bildhauer Oswald Causin. |