NGZ-Online, 20. Dezember 2003
Jahrbuch im doppelten Umfang
Zum letzten Mal in alter Aufmachung erschienen
Totgesagte leben länger. Nach diesem Motto brachte der Förderverein des Clemens-Sels-Museums pünktlich zu Weihnachten das Neusser Jahrbuch heraus. Das knapp 90 Seiten umfassende Werk ist eine Doppelnummer für die Jahre 2002/03. Damit sind vorerst die Unsicherheiten beseitigt, ob das traditionsreiche Periodikum überhaupt noch einmal herausgegeben wird.
"Im kommenden Jahr werden wir eine Neukonzeption vorstellen", sagte gestern Archivleiter Dr. Jens Metzdorf bei der offiziellen Vorstellung des Jahrbuches im Foyer des Museums. Doch zunächst können sich die interessierten Neusser über das letzte Jahrbuch alten Typs freuen, das tatsächlich auch doppelt so umfangreich ist, wie seine Vorgänger. Wie das Clemens-Sels-Museum selbst, ist es auch ein Mehrspartenwerk: Kunst, Kunstgeschichte und Heimatgeschichte finden sich darin wieder.
Zu den Autoren gehören neben der redaktionellen Leiterin, Dr. Gisela Götte, ebenfalls die beiden ehemaligen Museumsdirektoren Dr. Irmgard Feldhaus und Dr. Max Tauch, die damit auch ihre Verbundenheit mit dem 1957 erstmals erschienen Jahrbuchs zum Ausdruck bringen. Die derzeitige Museumschefin, Dr. Christiane Zangs, eröffnet die Doppelnummer mit einem Beitrag über die geplante Erweiterung ihres Hauses.
"Neue Wände braucht die Kunst", lautet ihre Überschrift. Mit gleich drei Artikeln ist der Archäologe des Museums, Dr. Carl Pause vertreten, der durch intensive wissenschaftliche Arbeiten zu neuen Einsichten in die frühe Stadtgeschichte gefunden hat. So wird zum Beispiel das tägliche Leben der römischen Soldaten im Legionslager Novaesium durch seine Zeilen wieder lebendig. Einen zentralen Beitrag liefert sicherlich Dr. Jens Metzdorf.
Der Leiter des Stadtarchivs wagt einen Ausblick auf das kommende Jahr, in dem sich der Einmarsch der französischen Revolutionstruppen 1794 jährt. "Am Anfang war Napoleon", zitiert er den Historiker Nipperdey. Metzdorf schlägt den Bogen von der "Französischen Gesinnung" zu den "Rheinischen Institutionen". Dabei zeichnet er anschaulich nach, wie der Kulturbruch vom Ancien Regime zur modernen Zeit der nachrevolutionären Ära das Rheinland geprägt hat. Eine besondere Erwerbung gelang dem Clemens-Sels-Museum mit dem Porträt der Claire Wohlthat von Wolfgang Schmurr.
Eine schöne Betrachtung dieses ausdrucksstarken Ölgemäldes aus dem Jahre 1943 schrieb Feldhaus. Claire Wohltat war eine geborene Hesemann, entstammte also einer alten Neusser Familie. Enge Beziehungen pflegte Feldhaus zu ihrer alten Freundin Marga Groove-Markovic. Der kürzlich verstorbenen Künstlerin widmet Feldhaus einen persönlichen Nachruf. Bereits 1990 stand das Jahrbuch beinahe vor dem Aus.
"Grosse-Brockhoff wollte es einstellen", erinnerte sich Tauch an den Plan des damaligen Kulturdezernenten. Der Etatansatz wurde auch gestrichen, aber Tauch hielt an der Publikation fest und nahm die Gelder aus dem laufenden Etat. "Früher hat die Stadt das Jahrbuch aktiv unterstützt und zahlreiche Bände angekauft, um sie zu verschenken", berichtet Tauch. So erhielten alle Stadtverordneten die Schrift. Heute müht sich der Museumsverein, die Kosten zu decken.
"Ohne die Unterstützung des Rotary-Clubs wäre die Doppelnummer nicht möglich gewesen", sagte Museumsvereins-Vorsitzender Dr. Hans-Georg Monßen. Zukünftig will sich der Verein von dem Projekt verabschieden. Stadtarchiv und Museum wollen es übernehmen. Ob der Stadtrat das traditionsreiche Periodikum in Zukunft unterstützen wird, ist offen.
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