Stadt Neuss, Pressemitteilung vom 12. Mai 2003
Rekonstruktionsarbeiten des historischen Hamtores nahezu abgeschlossen
Im Sommer des vergangenen Jahres waren auf dem Neusser Hamtorplatz die Fundamente des 1844 niedergelegten Hamtores archäologisch untersucht worden. Dabei konnten die Archäologen den Torgrundriß ermitteln und drei unterschiedliche Bauphasen analysieren. Aus der Zeit um 1200 stammten die Fundamente des ersten Tores. Das zweischalige Gußmauerwerk aus Tuffschalen mit einer Kieselgußfüllung bildete einen 3,5 Meter breiten und rund sieben Meter langen Tordurchlaß, an dessen feldseitigem Ende das Mauerwerk jeweils im rechten Winkel abbog.
In der Mitte des 13. Jahrhunderts wurde dieser schmale Einlaß zu einem stattlichen, knapp 20 Meter langen Tor ausgebaut, das durch einen Mittelgurt in zwei Torkammern unterteilt war. Das Mauerwerk bestand aus wechselnden Lagen von Basalten und Tuffen. Der Ausbau des Tores erfolgte im Rahmen eines Bauprogramms von Konrad von Hochstaden, dem Kölner Erzbischof und Stadtherren von Neuss, der Neuss in der Mitte des 13. Jahrhunderts neu befestigen ließ. Das Baumaterial wurde dazu in den erzbischöflichen Steinbrüchen gewonnen. Die Tuffe stammten aus dem Brohltal bei Mayen, die Basalte aus Linz.
Da die Stadtmauer des 13. Jahrhunderts, von der am Hamtorplatz noch zwei Bögen stehen, nur mangelhaft fundamentiert war, mußte der Stadtmauerring im 14. Jahrhundert nachgerüstet werden. Parallel, rund 22 Meter vor dem inneren Mauerring, entstand am feldseitigen Rand des Hamtores ein zweiter Mauerring, der über drei Meter tief fundamentiert war. Die Mauer wurde aus wechselnden Lagen von Basalten und Feldbrandziegeln hergestellt. Die Verwendung von kostengünstigeren Ziegeln anstelle von Tuffen war in Neuss im 14. Jahrhundert üblich. Vorbild für die neue Mauertechnik war vermutlich der zeitgleiche Stadtmauerbau in Zons.
Die Fundamente des Hamtores und des äußeren Mauerrings wurden im Boden konserviert. Im oberirdischen Bereich wird das Hamtor mit angrenzender Stadtmauer jetzt in Teilen rekonstruiert. Einen entsprechenden Beschluss hatte der Rat im Herbst letzten Jahres gefasst. So wird die südliche Torflanke hüfthoch aufgebaut; die nördliche Torflanke wird ebenerdig im Pflaster nachgebildet. Für die Aufmauerungsarbeiten kommen die dem Originalmauerwerk entsprechenden Materialien zum Einsatz. Die Tuffe wurden in der Nähe von Mayen gebrochen und geschnitten. Für die Fugen wird eine Spezialmischung aus Trasskalk verwendet. Die Basalte allerdings mußten von weiter her, nämlich aus Beilstein am Oberlauf der Lahn, angefahren werden. Denn in den ehemals erzbischöflichen Steinbrüchen von Linz sind die Basaltfelder mit den großen sechskantigen Säulenbasalten mittlerweile ausgebeutet; dort werden heute nur noch dünne Basaltstangen gebrochen. Für die Mauerarbeiten konnte die Firma Karl Ditandy aus Oberfell an der Mosel gewonnen werden. Die Firma hat sich seit 1927 auf die Herstellung von Natursteinmauerwerk spezialisiert und verfügt über eine reichhaltige Erfahrung im Bereich Burgensanierung und Denkmalpflege. Zum Abschluß der Rekonstruktionsarbeiten werden die Tuffe sandgestrahlt, damit sie schneller „Patina“ ansetzen können. Zuletzt wird die Fläche der Tordurchfahrt mit einem historischen Grauwackepflaster gestaltet. Im Boden eingelassene Punktstrahler werden die Rekonstruktion in der Dunkelheit in Szene setzen. Eine Erläuterungstafel ist ebenfalls geplant. |