NGZ-Online, 3. Januar 2003
Alter Brunnen badete in Zuckerlösung
Karolingischer Baumbrunnen wird zurzeit restauriert.
Carsten Sommerfeld
Jahrelang hat er zur Konservierung in einer Zuckerlösung "gebadet", nun trocknet der rund 1.200 Jahre alte Brunnen in Form eines Eichenstamms noch ein, anderthalb Jahre. Danach muss ein Standort gefunden werden für das Zeugnis Dormagener Geschichte.
"Da der Brunnen im Gebiet von Straberg gefunden wurde, schlage ich vor, ihn zu musealen Zwecken auch in diesem Bereich zu belassen", meint CDU-Ratsfrau Margret Steiner, die sich jetzt in einem Brief an Bürgermeister Reinhard Hauschild wendet. "Hierzu böte sich die von Besucher stark frequentierte Klosteranlage Knechtsteden an", heißt es darin. Die Stadt will nach Auskunft von Pressesprecher Harald Schlimgen nun die Standortfrage prüfen.
Alltäglich war der Brunnen-Fund vor einigen Jahren im Kiesabbaugebiet nördlich der K12 nicht, wie Dr. Ursula Francke vom Rheinischen Amt für Bodendenkmalpflege in Bonn erklärt. "Aus der karolingischen Zeit stammende Funde aus Holz, und dann noch in so gutem Erhaltungszustand, sind recht selten." Dr. Francke war damals für die Ausgrabungen an der bis auf das 9. Jahrhundert nach Christus zurückgehenden Hofanlage - laut dem Amt der Klein-Balgheimerhof - zuständig.
Auf die Fundstellen an der damaligen Abbruchkante des Kiesabbaus hatte Norbert Grimbach aus Zons aufmerksam gemacht. "In der Siedlung wurden zwei Brunnen entdeckt: Reste eines Steinbrunnens unter Verwendung ehemals römischen Baumaterials, und dann der ältere, 3,20 Meter lange Baumbrunnen", so Francke. Die Anlage dieses Brunnens muss für die Hofbewohner ein hartes Stück Arbeit gewesen sein. "Der Eichenstamm wurde zunächst längs geteilt, ausgehöhlt und dann wieder zusammen gefügt. Anschließend wurde der 3,20 Meter lange Stamm in die Erde eingegraben."
Die Investition muss sich gelohnt haben, bis zum 11. Jahrhundert schöpften die Bewohner des Hofes daraus ihr Wasser. "Im Brunnen fand sich sogar noch ein alter Holzeimer." Doch dann hatte der Baumbrunnen ausgedient. "Die Nutzungszeit lässt sich anhand von einigen wenigen Keramikresten im Brunnen datieren." Die Brunnen gehörten nach Auskunft von Dr. Ursula Francke zur südlich gelegenen mittelalterlichen Hofwüstung Balgheimer Hof, der vom 9. bis zum 18. Jahrhundert bestanden hat. Gefunden wurden in der Nähe der Brunnen Pfostenspuren eines großen Wohn- und Stallgebäudes sowie einer Scheune, die in Fachwerktechnik errichtet worden waren.
Im 12. Jahrhundert seien die Gebäude aufgegeben worden waren, 80 Meter weiter Häuser bereits mit steinernem Keller an ihre Stelle getreten. Viele Jahre schlummerte der Brunnen im Verborgenen, bis er entdeckt und geborgen wurde. "Der gute Erhaltungszustand erklärt sich damit, dass der Stamm in einer wasserhaltigen Kiesschicht stand", so Dr. Francke.
Danach musste er eine rund fünfjährige Prozedur über sich ergehen lassen: "Im Auftrag der Stadt Domagen wurde der Baumbrunnen- in zwei Teile gesägt - in einem Bad mit Zuckerlösung konserviert", erklärt Restaurator Axel Peiß. Auf diese Weise soll dem Holz, das nun langsam trocknet, Wasser entzogen werden. Überaus fraglich ist aber, ob der Brunnen künftig, wie es sich Margret Steiner vorstellt, unter dem Vordach der Theaterscheune eine neue Heimat findet. "Der Brunnen benötigt eine klimatisierte Umgebung", so Axel Peiß.
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