NGZ-Online, 6. April 2002

Hinweise für einen Hafen in der Spätantike

Einst starke Militär-Präsenz im Raum Dormagen

Vielleicht würde das heute am besten erhaltene Kastell der Spätantike im Dormagener Stadtgebiet liegen, wenn sich nicht der Rheinstrom im 14. Jahrhundert zwischen Zons und Haus Bürgel bei Monheim geschoben hätte. In der Antike gehörte die Anlage des heutigen Haus Bürgel zum römischen Limes, und bis in die frühe Neuzeit gab es eine enge Verflechtung von Zons zur Mutterkirche in Bürgel.

Haus Bürgel
Eine reiche Geschichte hat Haus Bürgel, das erst im 14. Jahrhundert durch den Rhein von Zons abgeschnitten wurde. In der Spätantike befand sich dort ein Kastell vermutlich für rund 150 germanische Infanteristen im Dienste des Römischen Reiches, und auch Anzeichen für einen Hafen gibt es nach den archäologischen Studien.
NGZ-Foto: H. Jazyk

Und ganz sind die Verbindungen bis heute nicht abgebrochen, nun beschäftigte sich der Geschichtsverein für Dormagen, Nievenheim und Zons in der Zollfeste mit der Anlage. Nachdem es lange ruhig war um den Verein, hat er nun mit Jost Auler als Vorsitzendem einen Neuanfang gemacht.

Etliche neue Erkenntnisse hatte Professor Thomas Fischer von der Abteilung für Archäologie der römischen Provinzen am Archäologischen Institut an der Universität zu Köln, parat, der am Haus Bürgel archäologische Grabungen leitete. Neben einer Kaltblüterzucht werden dort nun eine biologische Station und ein archäologisches Museum in Haus Bürgel einziehen.

Archäologisch hat die Anlage selbst viel zu bieten: Seit langem bekannt ist, das Haus Bürgel einst ein Kleinkastell der Spätantike war. Viel mehr wusste man über diese Grenzbefestigung, die unter Kaiser Konstantin im frühen vierten Jahrhundert angelegt worden war, nicht. Nun kam einiges an Licht ins Dunkel der Vergangenheit: Neu ist beispielsweise, dass das Grenzkastell keine dichte Innenbebauung wie etwa die Festung von Köln-Deutz aufwies.

Offenbar benötigte man den freien Raum für kurzfristige Zeltaufenthalte durchreisender mobiler militärischer Einsatztruppen. An der inneren Südmauer der Anlage konnte die Mannschaft um Professor Fischer ein Badegebäude freilegen, das später zu Wohnzwecken hergerichtet wurde. Dort wurde auch ein spätantiker Münzschatz aus rund 250 Kupfermünzen entdeckt, die einst in zwei Glasgefäßen verborgen worden waren.

Die Schlussmünze datiert um 400 nach Christus. Genaueres weiß man nun auch über die Besatzung der Festung. Es waren von den Römern in Dienst gestellte Germanen aus dem Elbe-Weser-Raum und aus Böhmen, die mit ihren Familien das Kastell hielten, und zwar gegen andere germanische Stämme. Stationiert waren wohl Infanteristen bis zu maximal 150 Mann.

Sicher ist sich Thomas Fischer, dass er östlich des Kastells auf Indizien für eine Hafenanlage gestoßen ist. Das Kastell selbst weist eine typische Quadratform auf mit hohen Mauern und nach außen gelegten Türmen. Wie Fischer erzählt, waren die Grabungsbedingungen recht schwierig: Die Menschen des ausklingenden Mittelalters und der Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert brachen die antiken Steine aus, um sie erneut zu verwenden.

Älter als die Funde aus spätrömischer Zeit sind Brandgräber aus der frühen und mittleren römischen Kaiserzeit, die östlich des Kastells nahe der beiden Umfassungsgräben erfasst wurden. Hochgerechnet ist mit etwa 150 Bestattungen zu rechnen; die zugehörige Siedlung ist noch nicht bekannt. Es soll sich dabei laut wohl um ein älteres kleines Kastell.

Die Erkenntnisse zeigen, dass es früher im Raum zwischen Neuss und Dormagen mehr militärische Aktivitäten gegeben haben muss als bislang bekannt war. Bei Bürgel existierte - zeitgleich mit dem römischen Dormagen - schon in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten eine militärische Anlage. Aus Zons wurden Militärgräber bekannt, das Kastell ist noch unbekannt. Und Dr. Michael Gechter hat für Dormagen ebenfalls ein spätrömisches Kleinkastell nachweisen.

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