NGZ-Online, 26. Januar 2001

Klosterkeller mit zweifelhaftem Ruf

Mauerwerk unter Denkmalschutz gestellt

Vanessa Donner

Aus dem 12. Jahrhundert stammen die Mauern eines Kellergewölbes, das bei Umbauarbeiten unter dem neuen Restaurant "Spitzweg" am Glockhammer zum Vorschein kam. Der Fund ist damit das älteste mittelalterliche Mauerwerk in Neuss und wurde bereits in die Denkmalliste eingetragen.

Mauerwerk des Damenstifts

"Es handelt sich dabei um einen Abschnitt der ersten Mauer, die die Stiftsimmunität umgeben hat", erläuterte Stadtarchäologin Sabine Sauer, die den Fund gemeinsam mit Bürgermeister Herbert Napp vorstellte. Das Damenstift St. Quirin, das im zehnten Jahrhundert zunächst als klösterliche Frauengemeinschaft gegründet wurde, war im zwölften Jahrhundert bereits ein eigener Rechtsbezirk und als solcher von einem Befestigungsring eingegrenzt.

Die Mauerabschnitte unter dem "Spitzweg" waren nicht nur Bestandteil der Wirtschaftsgebäude des Damenstiftes, sondern auch Fundamente der nordwestlichen Eckbefestigung der Immunität. "Das Mauerwerk setzt sich ab vom Stiftskeller und dem Pozo Quirino", so Sabine Sauer weiter: Die südliche und die nördliche Wand - letztere liegt übrigens unter dem Bürgersteig - bestehen aus kleinformatigen Basalten und Tuffen. Eine Mauertechnik, die für das 13. Jahrhundert typisch war und zum Beispiel am Obertor und an den Stützpfeilern des Bogenganges am Hamtorplatz zu erkennen ist.

Sabine Sauer und Marika Weinhold
Stadtarchäologin Sabine Sauer (links) - hier mit Marika Weinhold - erklärt die Besonderheiten des Basalt-Mauerwerks.
NGZ-Foto: H. Jazyk

Die westliche Wand jedoch, die parallel zur Münsterstraße verläuft, besteht hauptsächlich aus Basalten: "Die sind deutlich größer als im 13. Jahrhundert üblich." Das 3,4 Meter breite Gewölbe des Kellers datiere dagegen eher aus dem Barock. "Wir wissen, dass in jener Zeit sehr viel umgebaut wurde", so die Archäologin. Zuvor war der Keller vermutlich mit einer Holzdecke unterteilt. Der Zugang zu dem Tiefkeller war jahrelang vermauert. Als der Keller dann im Zuge der Umbauarbeiten für das neue Lokal wieder geöffnet wurde, wurden dort nicht nur die erwähnten Mauern entdeckt, sondern auch Wanddekorationen, "die garantiert nicht aus dem Mittelalter stammten", wie der Bürgermeister unterstrich.

Neben Resten von farbenprächtigen Wanddekorationen, die auch heute noch zu sehen sind, fanden sich dort Bilder, die mit der ehrwürdigen Vergangenheit des Mauerwerks so gar nicht harmonierten: Pin-ups. Relikte aus einer Zeit lange nach der Auflösung des Damensstifts. In den 60er Jahren nutzte die "Milchbar" den Keller, eine Kneipe an deren zweifelhaften Ruf sich der Bürgermeister noch aus Schulzeiten erinnern kann: "Das war ein Etablissement, das, wenngleich es nicht von hohem Niveau war, doch stark frequentiert wurde." In der Kneipe habe es zwar "auch Milch" gegeben, aber längst nicht ausschließlich. "Spitzweg"-Inhaberin Marika Weinhold möchte den Keller wieder für die Gastronomie nutzen: "Wir müssen erstmal die rechtliche Seite klären, bevor wir Näheres dazu sagen können."

Wirklich überrascht sei sie nicht gewesen, dass sich unter dem Restaurant auch ein Gewölbekeller verbirgt. "Ein wenig darauf spekuliert haben wir schon." Sabine Sauer bestätigt, dass die Archäologen recht sicher wissen, wo sie nach Spuren der Stiftsgebäude und der Immunität suchen müssen: "Das Damenstift ist uns eigentlich nur durch einen Papierplan von 1802 bekannt." Indem dieser auf einen aktuellen Stadtplan übertragen werde, könne leicht lokalisiert werden, wo noch Funde zu erwarten sind. Auch in einem Nachbarhaus seien Reste der alten Mauern gefunden worden. Bevor der Keller unter dem "Spitzweg" gastronomisch genutzt werden kann, muss er zunächst - fachgerecht - restauriert werden.

Über 16 000 Euro kostet allein die Reinigung und die Ausbesserung des historischen Mauerwerks, erklärt Denkmalschützer Franz-Heinrich Treese. Diese Kosten würden mit rund 8.000 Euro bezuschusst. Für die Arbeiten, die darüber hinaus anfallen, wie Wärmedämmung, und die elektrische und sanitäre Installationen, müssen dagegen die Eigentümer oder Pächter des Gebäudes selbst aufkommen. "Etwa ein Jahr wird die Renovierung dauern", vermutet Marika Weinhold. Über das Sanierungskonzept wird zur Zeit noch beraten, auch muss das Tiefbauamt noch die Mauerstärke der Kelleraußenwand prüfen.

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