NGZ-Online, 14. Dezember 2001

Altes Leben aus dem Müll

Mittelalterliche Sammlung für Dauerschau neu geordnetn

Helga Bittner

Plumpsklos und Jauchegruben - ein vielleicht anrüchiger Einstieg in eine ebenso lehrreiche wie interessante Ausstellung über das Leben unserer Vorfahren, aber das kleine Holzhäuschen unter der Treppe im Turm des Clemens-Sels-Museum - natürlich ein Nachbau - fällt nun mal raus aus dem Rahmen der anderen Exponate.

Steinzeug, CSM
Steinzeug wurde in Neuss früher in allen Variationen genutzt.
NGZ-Foto: A. Woitschützke

Die meisten Dinge sind nämlich unter Glas zu sehen, gereinigt, restauriert, mit viel Raum um sich herum und erklärenden Texten versehen. Letztere finden sich auch außen an der Wand des Holzhäuschen. Und da erfährt man, warum das Plumpsklo und auch Latrinenschächte zu den wichtigsten Fundgruben für Archäologen gehören. Vor mehreren hundert Jahren machten es die Menschen nämlich nicht anders als viele Zeitgenossen heute: Essensreste, Müll, kurz: alles, was nicht mehr zu gebrauchen war, wurde ins Plumpsklo oder in die Latrinenschächte gekippt. Da diese oft in stillgelegten Brunnen angelegt waren, hielten sich die Dinge in dem feuchten Klima bei Sauerstoffknappheit über die Jahre, so dass wir heute an den dort gefundenen Glasscherben oder Essensresten das Leben vor vier, fünf oder mehr Jahrhunderten sehr gut rekonstruieren können.

Die beiden Mitarbeiter des Hauses, Dr. Carl Pause und Dr. Thomas Ludewig, haben die Mittelalterliche Sammlung des Museums neu geordnet und im passenden historischen Ambiente neu gruppiert. Im Obertor, der mittelalterlichen Torburg, ist die neue alte Dauerausstellung zu Hause - zumindest so lange wie der geplante Anbau des Museums noch nicht steht. Dann, so deutet die Leiterin Dr. Christiane Zangs an, habe sie andere Pläne mit den Räumen. Aber bis dahin fließt noch viel Wasser die Erft hinunter, und so kann man denn nach langer Zeit zumindest für die nächsten Jahre Gefäße, Gläser, Münzen, Waffen und Möbel übersichtlich angeordnet in schmucken Vitrinen bewundern.

Die Kuratoren der Schau sind sowohl chronologisch wie auch thematisch vorgegangen. Mit einem kleinen Rundgang, der schon an der Wendeltreppe zum Turm beginnt, wo an der Wand wichtige historische Daten und Ereignisse festgehalten sind, lässt sich das Neusser Leben über mehrere Jahrhunderte erschließen. Von den Ess- und Tischgewohnheiten über Gerichtspraktiken und dem Umgang mit den Ärmsten bis hin zu Handel und Barzahlung mit Münzen. Daneben gibt es zwei Themenräume: Einer ist der Quirinus-Verehrung gewidmet und zeigt Teile des Kirchenschatzes aus dem Münster, der dem Museum als Leihgabe überlassen wurde. Ein Schrein von 1589 gehört ebenso dazu wie Monstranzen und Messkelche. Der andere Raum illustriert mit den Diaramen von Werner Bender die Zeit der burgundischen Belagerung.

Wichtig war den beiden Ausstellungsmachern die Authentizität. So mag zwar manches Exponat in dieser sehr liebevoll und kompetent gestalteten Schau eine Kopie sein (das Original liegt oft in einem anderen Museum), aber es zeigt immer ein Fundstück aus Neusser Stadtgebiet.

[ Fenster schließen ]