NGZ-Online, 17. Mai 2001

Vom Pergament zum Datenträger

Tag des Archivs

Der Fachverband der deutschen Archivare hat den 19. Mai zum "Tag der Archive" ausgerufen. Archive in ganz Deutschland öffnen daher ihre Tür - auch das Stadtarchiv Neuss. Von 10 bis 14 Uhr können Besucher am Samstag das Stadtarchiv besichtigen und hinter die Kulissen schauen.

Medien-Photomontage
Vom Pergament zum Computer - am Samstag, dem Tag des Archivs, können sich die Besucher im Neusser Stadtarchiv über die verschiedenen Entwicklungen informieren.
NGZ-Fotomontage: A. Woitschützke

Ein Archiv - für den einen ist es bloß eine Ablage alter Akten, für den anderen ein Forschungsinstitut. Doch haben Archive eine wichtige Funktion für den Rechtsstaat. Ob der Träger nun der Staat, die Kirche oder eine Kommune ist: Sie garantieren die Rechtssicherheit ihrer Träger. So überliefert das Stadtarchiv Neuss seit dem Mittelalter wichtige Urkunden. Zwar ist im Laufe der Jahrhunderte viel verloren gegangen oder zerstört worden, doch ist bekannt, dass das Stadtsiegel aus dem 12. Jahrhundert Zeugnis der Stadtwerdung ist.

Mit kleinen Lücken belegen die überlieferten städtischen Ratsprotokolle ab 1530 das Geschehen. Seit es eine Geschichtswissenschaft im modernen Sinne gibt, interessiert sie sich für das "Wie war das?". Das Fragen nach der Vergangenheit gibt Aufschluss darüber, warum die Dinge heute so sind, wie sie sind - das Archiv dient der Bildung. So besitzt es den Doppelcharakter einer Verwaltungsbehörde und eines Kulturinstitutes. In Nordrhein-Westfalen beruht das Archivwesen seit 1989 auf gesetzlicher Grundlage. In jüngster Zeit sammeln die Archive auch Unterlagen, die ihnen nicht automatisch zuwachsen. Das betrifft zum Beispiel Schriftgut politischer Parteien, die am gesellschaftlichen Leben mitwirken.

Ergänzende Dokumentation sind Quellen, die für die städtische Geschichte aussagekräftig sind, obwohl sie eine andere Provenienz haben. Für die Neusser Stadtgeschichte bedeutend ist das in London befindliche Totenbuch des ehemaligen Neusser Quirinusstifts, das dank moderner Reproduktionstechnik - Fotografie und Faksimile-Druck - wieder in die Stadt zurückkehrte. Es enthält Hinweise zur Topografie des mittelalterlichen Neuss sowie durch zahllose Personennamen festgehaltene Daten zur Bevölkerungsgeschichte der Stadt.

Die ältesten Neusser Nachrichten sind auf dem Informationsträger Pergament festgehalten. Das Pergament wurde dann vom "Billigstoff" Papier abgelöst - der weniger haltbar ist. Heute übernehmen Film und elektronische Datenträger diese Funktion. Ob diese allerdings so lange Bestand wie Papier und Pergament haben werden, ist fraglich: Die modernen Datenträger bringen Probleme mit sich, was Speicherdauer und Verfügbarkeit anbelangt.

Doch der ernsthafte Versuch, Vergangenes zu bewahren, verursacht bekanntlich auch Kosten, dabei wird für das Archivwesen verhältnismäßig wenig Geld zur Verfügung gestellt. Vertreter von Politik und Wissenschaft formulierten jedoch auf dem gerade beendeten Rheinischen Archivtag die Notwendigkeit, vom Verfall durch Säure bedrohte Dokumente zu retten, damit nicht viele Jahre Geschichte mangels Quellen vergessen werden.

[ Fenster schließen ]