Auf der Jagd nach verlorenen SchätzenSchüler buddeln nach Artefakten wilp Archäologen sind alles andere als Helden vom Schlag eines Indiana Jones, die sich mit Fedora-Hut auf dem Kopf und Bullenpeitsche in der rechten Faust durch die Weltgeschichte prügeln. Die graben sich vielmehr nach detaillierten Plänen und mit äußerster Vorsicht durch das Erdreich und freuen sich über jede Scherbe, die nach Jahrtausenden wieder ans Tageslicht gelangt.
Dass die Archäologie weitaus unspektakulärer ist als allgemein in Hollywood-Schinken dargestellt, erleben fast täglich rund 100 Kinder am Grevenbroicher Museum. Im Rahmen der Römer-Ausstellung hat Bodo Schwalm gleich neben der Villa Erckens eine Grube ausheben lassen, in dem er Schüler ab dem dritten Schuljahr nach zuvor verstecken Artefakten buddeln lässt - und das nach dem Vorbild der "großen" Archäologie. Die Grabungen sind mittlerweile der Renner: "Täglich kommen vier Klassen, ab der nächsten Woche erhöhen wir auf sechs - sonst können wir nicht alle Anfragen befriedigen", erklärte Museumsleiter Bodo Schwalm. Bis zum Ende der Sonder-Ausstellung im September möchte er - unterstützt von Mitarbeitern des Rheinischen Landesmuseums Bonn - rund 8.000 Kinder mit der Welt der alten Römer und der Archäologie vertraut gemacht haben. Schwalm selbst kennt sich aus mit Ausgrabungen. Sein Vater war Archäologe in Ägypten, pflügte den brennend-heißen Wüstensand um - und Schwalm schaute seinem Papa dabei nicht selten über die Schultern. Außerdem hat er im Rahmen seines Studiums selbst in Mexiko an Grabungen teilgenommen. Kein Wunder, dass er den wissbegierigen "Pänz" so einiges vermitteln kann. Dennoch war gestern - beim Besuch der Viertklässler der Neukirchener Jakobus-Schule - einigen Kindern die Enttäuschung aus dem Gesicht abzulesen. Denn statt - wie erhofft - gleich mit dem Spaten zur Sache zu gehen, musste das Grabungsfeld zunächst von jedem sorgsam aufgezeichnet und anschließend von den Mathe-Assen David Schmitz und Simon Bürger vermessen werden - so wie in der richtigen Archäologie. Erst dann durfte die erste Kelle in den Sand gesetzt werden - "aber vorsichtig", wie Schwalm die Neun- und Zehnjährigen mit sonorer Stimme ermahnte. Während die Schüler mit Begeisterung im Erdreich stocherten, lobte Schulleiter Johannes Kreuels die gelungene Aktion: "So etwas wirkt sich sehr motivierend auf die Schüler aus und bereichert unseren Sachkunde-Unterricht", erklärte der Neukirchener - und wurde dabei von einem Aufschrei unterbrochen: "Ich hab' was", rief Philipp Metzger und förderte einen bläulichen Glassplitter zu Tage. "Wo einer ist, können auch mehrere sein", riet Experte Schwalm und entfachte damit gleich doppelten Eifer. So förderten die Kinder dann auch innerhalb der nächsten zehn Minuten einen halben, mit vielen Figuren verzierten Tontopf, einen bunten Glaskrug und ein gläsernes Väschen ans Tageslicht. Die Artefakte wanderten anschließend - fein mit dem Pinsel gesäubert - zu Dokumentation und Analyse in den Fundkasten. Denn obwohl die Mini-Archäologen gerne das eine oder andere Stück als Trophäe mit nach Hause genommen hätten, mussten sie doch einsehen, dass Entdeckungen nicht in den den heimischen Schrank, sondern vielmehr in die Vitrinen und Archive von Museen gehören - "damit sie möglichst vielen Interessenten zugänglich sind". Nach dem Buddeln lässt Schwalm die Fundstücke von den Schülern bestimmen. Dabei wird auf die einzelnen Materialien, die Bedeutung der Stücke und vor allem auf Inschriften eingegangen. So lernten die Kinder denn auch, dass die Buchstaben "CCAA" auf der Unterseite eines irdenen Topfes nicht etwa Cäsars E-Mail-Adresse ist, sondern der Hinweis auf den Fundort, nämlich Colonia Claudia Ara Agrippinensis, kurz Köln. Und zum Schluss gab es für die begeisterten Schüler dann doch noch einen Wermutstropfen. Das Erlebte soll nämlich schon bald in Form eines Aufsatzes verarbeitet werden. Einhellige Meinung der Neukirchener 4a: "Oooch nööö!" |
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