Wie in der Steinzeit Speerschleuder nutzenBodendenkmal "Holzbüttger Haus" Bettina Holleczek Wo einst Ritter am "Holzbüttger Haus" im Sumpfgelände eine Wasserburg erbauten, soll künftig eine archäologische Erlebnis-Werkstatt entstehen: Hildegard Burri-Bayer, Vorsitzende des Fördervereins Historia, und der Prähistoriker Dr. Johann Tinnes stellten das Projekt vor: Von der Steinzeit bis zum Mittelalter soll dort Geschichte für Jung und Alt anschaulich erlebbar werden.
"Wenn man in der Bevölkerung nachfragt, weiß keiner mehr etwas von der ehemaligen Wasserburg", erklärte Hildegard Burri-Bayer. Das soll sich ändern. Vor einem Jahr brachte sie den Stein für das Projekt ins Rollen - bald sollen nicht nur die Steinzeit, sondern auch die Bronze- und die Römerzeit sowie das Mittelalter auf dem etwa 3.000 Quadratmeter großen Gelände des Bodendenkmals "Holzbüttger Haus" lebendig werden - vorausgesetzt das Vorhaben nimmt am 8. Mai die Hürde im Kulturausschuss. Die Kosten für das "mehrere Hunderttausend Mark" teure Projekt will der Förderkreis selbst aufbringen - vor allem Schulklassen und Kindergärten aus der ganzen Region, aber auch Eltern und Kinder aus dem näheren Umkreis sind vielversprechende Zielgruppen für werkstatt-orientierten Unterricht und museumspädagogische Angebote. Wertvolle Kontakte knüpfte Hildegard Burri-Bayer bereits in den Vorjahren im Rahmen ihrer schulpädagogischen Aktionen. Die geplante archäologische Erlebnis-Werkstatt soll sich neben Sach- und Geldspenden aus Eintrittsgeldern (Burri-Bayer: "Sie sollen für Familien finanzierbar sein.") tragen. Linksrheinisch wäre es die erste Einrichtung dieser Art - rechtsrheinisch bietet das Neandertal-Museum bereits verschiedenste Aktionen für Schulklassen. Das Erfolgsrezept: Geschichte zum Anfassen. "Die archäologische Erlebnis-Werkstatt wird eine Bereicherung für die Stadt Kaarst", ist Hildegard Burri-Bayer daher überzeugt. Seit Januar beim Förderkreis Historia (80 Mitglieder) angestellt, betreut der Kölner Prähistoriker Dr. Johann Tinnes das ehrgeizige Vorhaben, in das künftig die Mädchen und Jungen der Holzbüttgener Astrid-Lindgren-Grundschule ebenso eingebunden werden sollen wie die Schützen und andere engagierte, ehrenamtliche Helfer.
Lebensnahe Rekonstruktionen ur- und frühgeschichtlicher Behausungen und technischer Anlagen sollen am "Holzbüttger Haus" zu Attraktionen werden, darunter ein jungsteinzeitlicher Kuppelbackofen aus Lehm, in dem Brote und Fladen zubereitet werden können, und so genannte Rennfeueröfen zum Eisenschmelzen mit einer dazu gehörigen Feldschmiede. "Wir wollen auch ein metallzeitliches Haus errichten", erklärte Dr. Tinnes. Im Stil eines Fachwerkhauses (die Holzkonstruktion wird mit Geflecht und Lehm ausgefüllt) soll das Langhaus von 18 Metern Raum für pädagogische Aktionen bieten. In Kooperation mit der Universität Köln sei angestrebt, dass Archäologie-Studenten in der Erlebnis-Werkstatt Praktika absolvieren könnten. Die jüngsten Besucher sollen nicht zuletzt in den Bau des Lehmbackofens einbezogen werden. Auch ein steinzeitliches Rundzelt (eine mit Fellen abgedeckte Holzkonstruktion) soll auf dem Areal errichtet werden - diese Zelte wurden um 14.000 vor Christus von Pferdejägern als Lager genutzt. Apropos Jagd: Die australischen Ureinwohner sind Experten im Umgang mit der ältesten Fernwaffe der Menschheit - mit diesen Speerschleudern, aber auch mit Pfeil und Bogen sollen die Besucher auf einem mit Fangnetzen gesicherten Schießplatz prähistorische Jagdtechniken nachvollziehen können. Auch steinzeitliche Experimente zur Herstellung von Birkenpech stehen auf dem Programm - Wissenschaftler haben bis heute noch nicht das Geheimnis gelüftet, wie die Steinzeit-Menschen diesen Kleber hergestellt haben. Holzbüttger Haus Vom "Holzbüttger Haus" südlich des Nordkanals sind bis auf die Grundmauern keine Baulichkeiten erhalten. Heute weisen farbige Pflasterungen auf dem Areal nahe des städischen Bauhofes auf die ehemalige Wasserburg hin und zeichnen auch die Grundrisse der früheren Vorburg nach. Im 14. Jahrhundert erbauten an dieser Stelle die Ritter von Holzbüttgen inmitten eines Sumpfgeländes eine Burg, die 1586 im Truchsessischen Krieg zerstört wurde. 1790 errichtete das Neusser Quirinusstift dort für seine Äbtissin Felicitas Baronensis de Wallbott einen Sommersitz - dieser wurde 1965 abgerissen. Die Fundamente der mittelalterlichen Hauptburg wurden 1985 beim Errichten des Bauhofes freigelegt. |
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