NGZ-Online, 23. August 2000

Archäologen finden Relikte römischer Siedlung

Antike Müllkippe im Regiopark 3000

Von Petra Schiffer

Wo schon jetzt Bagger die Erde aufreißen sollten, um Kanäle für das Gewerbegebiet Regiopark.3000 zu verlegen, das zwischen Jüchen und Mönchengladbach entstehen soll, sind Archäologen am Werk: Sie haben Überreste einer römischen Siedlung gefunden. Die Erschließung des Gewerbeparks wird sich durch die Grabungen um mindestens ein Jahr nach hinten verschieben. Unternehmen, die sich für das Gebiet interessieren, müssen damit rechnen, rund eine Mark mehr pro Quadratmeter zu bezahlen.

Grabungen auf dem Gelände des Regioparks 3000
Wo längst Bagger die Erde aufreißen sollten, um Kanäle im Boden zu verlegen, sind die Archäologen am Werk: Stefan Stahn, Petra Michaela Krebs und Arno Remme haben Überreste einer römischen Siedlung gefunden. Die Errichtung des "Regioparks.3000" wird sich deshalb um ein Jahr nach hinten verschieben.
NGZ-Foto: L. Berns

Wo längst Bagger die Erde aufreißen sollten, um Kanäle im Boden zu verlegen, sind die Archäologen am Werk: Stefan Stahn, Petra Michaela Krebs und Arno Remme haben Überreste einer römischen Siedlung gefunden. Die Errichtung des "Regioparks.3000" wird sich deshalb um ein Jahr nach hinten verschieben. "Insgesamt sieht die Lage weniger dramatisch aus, als wir ursprünglich gedacht hatten", sagt Jürgen Beckmann, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung in Mönchengladbach. "Die Grabungen an dem ersten der insgesamt vier Fundschwerpunkten werden in den nächsten Wochen abgeschlossen." Dann wollen die acht Archäologen, die unter Aufsicht des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege das Gebiet erforschen, zur nächsten Grabungsstelle wandern, die weiter westlich auf dem 120-Hektar großen Areal liegt. "Auch dort ist nicht mit sensationellen Funden zu rechnen", erklärt Dr. Karl-Heinz Schumacher, Leiter der Unteren Denkmalbehörde.

Kritisch sind hingegen die beiden anderen Punkte, an denen bei Voruntersuchungen Scherben und andere Überreste gefunden worden sind. An einer Stelle vermuten die Experten eine eisenzeitliche Grube, an der anderen ein römisches Brandgrab. "Je nachdem, was dort entdeckt wird, müssen wir das Gewerbegebiet umplanen und den Grünzug, der einen Gürtel um den Regiopark bilden soll, verlegen", berichtet Beckmann. Verkleinert werden soll "JüMö" - so der Spitzname des interkommunalen Gewerbegebiets - aber nicht.

Die Archäologen wollen alle Funde sammeln und in eine Dokumentation aufnehmen, bevor die Gräben eingeebnet werden, um die Hauptstraße durch den Regiopark zu errichten. Bis jetzt haben sie vor allem Keramikscherben, aber auch eine "antike Müllkippe", eine Abfallgrube mit Lehm und Holzkohle, gefunden. "Für den Laien klingt das unspektakulär, wir können aber anhand dieser Relikte feststellen, wann es hier eine römische Siedlung gegeben haben muss", sagt Ausgrabungsleiter Edwin Hoven. Er schätzt, dass zwischen Hochneukirch und Güdderath bis ins zweite Jahrhundert nach Christus ein ländliches Anwesen (Villa rustica) bestanden hat.

Mauern sind jedoch nicht mehr auszumachen. Der Grund: Von April bis August 1945 hatten Alliierte auf dem Gelände ein Kriegsgefangenenlager errichtet. Hoven: "In dieser Zeit ist die Erde so intensiv bearbeitet worden, dass die römischen Überreste in alle Himmelsrichtungen verstreut wurden." Die Archäologen konnten eine Campstruktur ausmachen, die aus vielen Erdlöchern bestand, in denen bis zu 5.000 Kriegsgefangene untergebracht waren. Hoven: "Zelte wurden erst später aufgestellt. Anfangs mussten die Soldaten in diesen Löchern wohnen."

Weiter stießen die Experten auf Schützengräben und Panzerdeckungslöcher, so dass als sicher gilt, dass auf dem Feld auch gekämpft worden ist. In Mönchengladbach wird diskutiert, als Erinnerung an das Lager einen Gedenkstein im Regiopark aufzustellen. Wenn die ersten beiden Grabungsstätten bis Ende dieses Jahres untersucht sind, soll 2001 mit den Erschließungsarbeiten begonnen werden. Ende des nächsten Jahres könnten sich dann die ersten Unternehmen im Regiopark niederlassen. Sie müssen damit rechnen, dass sie für jeden Quadratmeter zwischen 50 Pfennig und einer Mark mehr bezahlen müssen, als ursprünglich geplant.

Die Ausgrabungen kosten die Gemeinde Jüchen und die Stadt Mönchengladbach nämlich rund eine Million Mark. Dieses Geld wird auf die Erschließungskosten umgelegt. "Wir haben die Federführung in dieser Sache der Stadt Mönchengladbach überlassen", sagt Gerlinde Krantz, Fachbereichsleiterin für Planung im Jüchener Rathaus. "Sie wird sich auch primär um die Vermarktung des Regioparks kümmern." Weil Investitionskosten und Gewerbesteuereinnahmen jeweils zu 80 Prozent auf Mönchengladbach und zu 20 Prozent auf die Gemeinde fallen, wird sich Jüchen auch an dem Ausgrabungsbatzen zu einem Fünftel beteiligen.

[ Fenster schließen ]