Neuss-Grevenbroicher Zeitung, 16.04.1999

Ausgrabungen Quirinusstift am Münsterplatz - Abschluß nach acht Jahren

Heribert Brinkmann

Neuss. Ein lohnender Blick in die Neusser Unterwelt des Mittelalters bietet sich zur Zeit am Münsterplatz. Bis zum September soll in der Baulücke zwischen Kallen-Haus und Café Küppers ein Neubau hochgezogen werden. Vor den Bauarbeiten konnte Stadtarchäologin Sabine Sauer ihre Grabungen an dieser Stelle abschließen. Vor acht Jahren, 1991, hatte sie erstmalig Teile dieses prominenten Neusser Bodens untersucht. An dieser Stelle befand sich der 1810 abgerissene Quirinusstift. 

Sabine Sauer hat nicht nur im Erdreich nach Spuren des Klosters graben lassen, sondern sich auch in die Literatur vertieft. So erfuhr sie in alten Quellen, daß die Neusser Stiftsdamen Mitte des 13. Jahrhunderts mit einem Schreiben aus Rom nicht nur suspendiert, sondern sogar exkommuniziert wurden. das Durcheinander im Klosterleben läßt sich für Sabine Sauer auch in der Baugeschichte ablesen. Das Gewölbe, das noch unter das Nachbargrundstück reicht, stamme aus der Zeit kurz nach dem 12. Jahrhundert. Erst nach der Ausbauphase des Quirinusmünsters sei die Steinbauphase des Stiftes anzusetzen. Doch mit dem Wirtschaftstrakt nördlich des Kreuzganges sei man nicht sehr weit gekommen, weil nach 1270 Rom dem reinen in Neuss einen Riegel vorschob. Der Ausbau setzte dann im 14. Jahrhundert wieder ein. 
Seit 1990/91 ist Sabine Sauer mit diesem Grundstück befaßt. Sie widerspricht der Version, sie habe damals das Grundstück bereits freigegeben. Damals habe sie nur in Teilbereichen graben könne. 1997 setzte sie ihre Untersuchungen für zwei bis drei Monate fort, Ende 1998 begannen dann die abschließenden Grabungen. Nachdem der Bauherr jetzt mit einem Minibagger das Grundstück vorsichtig ausschachten ließ, wurden die alten Mauerreste des Stiftes ganz sichtbar. Die Fundamentreste sind bis vier Meter unter Straßenniveau freigelegt. In den Erdmassen fanden sich drei romanische Doppelkapitelle, eine Bündelsäule, Schiefersäulenteile und Trachitsechskantsäulen aus dem 17. Jahrhundert. Das uneinheitliche Mauerwerk in der Baugrube konnte jetzt näher bestimmt und die Datierung korrigiert werden. 
Auch bei der geplanten Überbauung bleiben die Fundamentreste größtenteils erhalten, zum Teil sogar weiter zugänglich. Einige alte Architekturteile sollen in den Neubau integriert werden. Auch der Wappenstein von Marieluise Loe bleibt erhalten (sie fiel 1746 durch hohe Rechnungen für Tanzmeister auf). Auch die Grotte und die Bögen der Remise aus dem 19. Jahrhundert bleiben erhalten, wie der neu beauftragte Bauleiter Rudolph Dahm, Architekt aus Meerbusch, erläutert.

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